Neuss Vorstellung rührt manchen Zuschauer zu Tränen

Neuss · Tanzwochen-Abschluss mit dem Hongkong-Ballet.

 "Shenren Chang" ist der Titel dieses Stücks.

"Shenren Chang" ist der Titel dieses Stücks.

Foto: Conrado Dy-Liacco

Was für ein überwältigender Abschluss der Internationalen Tanzwochen: Das Hongkong Ballet fesselte die Zuschauer mit Virtuosität und Eleganz. Selten wurde das Leichte im Schweren derart brillant vorgeführt. Die hoch gerühmte Kompagnie unter Leitung von Septime Webre gastierte auf ihrer Europa-Tournee nur in zwei deutschen Städten - Bonn und Neuss.

Ein Programm mit drei Stücken. "Shenren Chang", choreographiert von Fei Bo, schildert die Harmonie zwischen Gott und Mensch. Dort ist es eine Göttin, die sich aus dem Dunkel schält und sich entfaltet wie eine Lotusblüte. Der Thron, auf dem sie sitzt, ist ein männlicher Körper. Ein anderer Tänzer umschlingt sie, Nebel kriecht über die Bühne. Gezupfte Klänge, fernes Klingeln. Sie bleiben zu dritt, bis sich weitere Tänzer in enger Formation dazu gesellen und Raum für Assoziationen geben. Eine Raupe? Insekten? Dazu würden die flirrende, summende Musik und die Bewegungen der Tänzer passen, die sich aufpumpen wie vor dem Abheben. Jemand fliegt zu hoch, stürzt ab, bleibt wehklagend am Boden liegen. Am Ende findet das ursprüngliche Trio erneut zusammen - ein Symbol für den Kreislauf des Lebens.

Die beschwingte Musik bei "Sacred Thread" in der Choreographie von Edwaard Liang könnte auch einen Film begleiten. Sequenzen des ästhetisch anspruchsvollen Balletts erinnern an Charlie Chaplins "Moderne Zeiten", wenn auch in durchweg heiterer Interpretation. Mit ihren kraftvollen Sprüngen und Hebefiguren scheinen die Tänzer wie auf Kufen übers Eis zu gleiten.

Aber es gibt noch eine Steigerung: Mit "Shape of Glow" katapultiert sich das Hongkong Ballet auf den Gipfel der Virtuosität. Dazu trägt die absolute Verschmelzung von Tanz und Musik bei, choreographiert von dem Finnen Jorma Elo. Zum Labsal der Kompositionen von Mozart und Beethoven kommt der optische Genuss. Die Tänzer tragen raffinierte Kostüme in Türkis-Schwarz mit grafisch inspirierten Mustern. Und sie verzaubern mit Bildern, von denen man sich wünscht, sie würden niemals enden. Ein Strudel an Bewegungen, Lebenslust und Übermut. Arme wedeln wie Windmühlenflügel, Tänzerinnen auf Spitzenschuhen demonstrieren die perfekte Synchronisation ihrer Körper. Pure Tanzkunst mit ansteckenden Emotionen, die sich aufs Publikum übertragen. Am Ende, bei Beethovens wuchtiger Ouvertüre zu "Die Weihe des Hauses", dürften manche Augen feucht geworden sein. Es hat etwas Rührendes, beim Hinausgehen zu hören, wie sich Sitznachbarn verabschieden: "Also dann, einen schönen Sommer!" Bei den Tanzwochen im Herbst werden sie sich wieder treffen.

(NGZ)
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