Neuss Wie ein Löwe lernt, endlich mutig zu sein

Neuss · Das Kindertheaterstück "Die Geschichte vom mutlosen Löwen" feierte Premiere und gleichzeitig Uraufführung im Theater am Schlachthof. Judith Binias hat es für die freie Bühne geschrieben.

 Dem Eichhörnchen (Natascha Popov, l.) kommt es zugute, dass der Löwe (Franka von Werden) von der Raupe gelernt hat, auch mal mutig zu sein. Sie hat ihn einfach auf andere Gedanken gebracht.

Dem Eichhörnchen (Natascha Popov, l.) kommt es zugute, dass der Löwe (Franka von Werden) von der Raupe gelernt hat, auch mal mutig zu sein. Sie hat ihn einfach auf andere Gedanken gebracht.

Foto: Clara Habermann

Mächtig, stolz und anmutig, dabei nicht selten träge und dennoch von allen gefürchtet - so kommt der Löwe in Fabeln, Märchen oder Trickfilmen normalerweise daher. König Nobel aus "Reineke Fuchs" oder Simba aus "König der Löwen" sind nur zwei der typisch majestätischen Vertreter dieser Gattung. Ganz anders zeigt sich der König der Tiere in der "Geschichte vom mutlosen Löwen", die jetzt Premiere im Theater am Schlachthof hatte. Das Kindertheaterstück von Judith Binias nimmt sich den "feigen Löwen" aus dem "Zauberer von Oz" als Vorbild und stellt ihn vor einem kunterbunten Bühnenbild (in den Mittelpunkt der Geschichte. Ein kurzweiliges, musikalisches und liebevoll inszeniertes Stück über Angst, Mut und Freundschaft, das die jungen und älteren Zuschauer begeistert.

Es scheint tatsächlich kaum etwas zu geben, vor dem der Löwe mit der knallig pink-roten Mähne keine Angst hat. Die schreckhafte Raubkatze, charmant und quirlig verkörpert von Franka von Werden, fürchtet sich davor, zu schlafen, zu hüpfen, zu brüllen, sie fürchtet sich vor Knöpfen, Pantoffeltierchen und Luftballons, wie sie selbst freimütig, aber beschämt eingesteht. Das Publikum hat der untypische Löwe mit seiner Tapsigkeit sofort auf seiner Seite. Vor allem die kleinen Zuschauer, die sich in den ersten Reihen tummeln, sprechen ihm immer wieder Mut zu. "Ich habe so schrecklich Angst im Dunkeln, wenn ich abends im Bett liege, ihr auch?", fragt der Löwe die sichtlich mitfühlenden Kinder. "Ich nicht so sehr", antwortet ein kleiner Junge, fügt allerdings verständnisvoll hinzu, er habe ja schließlich auch ein Schlaflicht im seinem Zimmer.

Andere Tiere (temperamentvoll gespielt von Natascha Popov), auf die der ängstliche Löwe im Laufe des Stückes trifft, sind weniger einfühlsam. Egal, ob Reh, Schildkröte oder Hase - allen wird schnell klar, dass nicht sie Angst vor ihrem "König" haben müssen, sondern dass er es ist, der sich bei ihrem Anblick jedes Mal fast zu Tode erschreckt und die Flucht ergreift. Hohn und Spott lassen nicht lange auf sich warten, vom grazilen, aber hochmütgen Reh muss er sich Angsthase und Hasenfuß nennen lassen. Auch die Schildkröte erlaubt sich ihre Späßchen mit dem Löwen, bevor sie bedächtigen Schrittes weiterzieht - sie habe noch eine Verabredung zum "Sit-in" mit ihrer Freundin, der Schnecke. Erst eine winzige Raupe schafft es, dem immer mutloser werdenden Löwen neuen Mut zu geben. Mit einer Lebensklugheit, die man einer Raupe nicht zutrauen würde, bringt sie den Löwen zum Umdenken. Dann muss sie sich allerdings zurückziehen, sie spüre, dass sie "pubertiere" und zum Schmetterling werde. Und als dann das kleine Eichhörnchen in gefahr gerät, traut sich der Löwe endlich was.

Auch die erwachsenen Zuschauer haben ihren Spaß bei dieser gelungenen Inszenierung, die mit gelben Tulpen für die Mitwirkenden und einem langem Schlussapplaus endet.

(NGZ)
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