Neuss Wie Glücksgefühle entstehen

Neuss · Der Mediziner und Psychologe Ulrich Sprick weiß, was Glück auslöst - und wie es sich neurobiologisch einordnen lässt. Dabei gibt es drei Glückstypen.

 Professor Ulrich Sprick kennt sich mit der Typologie des Glücks aus.

Professor Ulrich Sprick kennt sich mit der Typologie des Glücks aus.

Foto: woi

Es ist flüchtig, erfüllend und heiß begehrt: Glück. Das Streben danach ist so alt wie die Menschheit. Doch was lässt uns Glück empfinden? Ist es pure Chemie im Hirn? Und: Wie erreichen wir Glücksgefühle? "Es gibt ganz unterschiedliche Facetten des Glücks", sagt Professor Ulrich Sprick, Chefarzt des Ambulanten Zentrums sowie der Tageskliniken des St. Alexius-/St. Josef-Krankenhauses in Neuss. "Als Kurzdefinition kann man sagen: Etwas Positives in unserem Leben passiert - möglicherweise auch ganz talentfrei erreicht - und lässt uns Glück empfinden. Das ist aber auch nur eine Facette."

Aus neurobiologischer Sicht werde dieses Empfinden in drei Glückstypen unterteilt, so der Mediziner und Psychologe. "Glückstypus A ist derjenige, der sich etwas vornimmt und glücklich ist, wenn er es erreicht hat." Bei diesem Teil des Belohnungssystems werde im Hirn Dopamin freigesetzt, das für die entsprechenden Gefühle sorgt. Serotonin sowie endogene Opiate wiederum spielen eine entscheidende Rolle beim Glückstypus B. "Vermeiden von Stress oder Angst, bewusste Entspannung, aber auch die Tatsache, einer schlimmen Situation entronnen zu sein, spielt dabei eine entscheidende Rolle." Menschen, die in eine Beziehung eingebunden sind und dabei Glück empfinden, fallen unter den Typus C. "Dabei wird Oxytocin im Hirn freigesetzt", erklärt Sprick. "Ich glaube, es ist kein Zufall, dass dieses Hormon bei Müttern, die ihr Kind stillen, ausgeschüttet wird. Denn es gibt nichts Stärkeres. Oxytocin ist in der Lage, diese Beziehung zu initiieren und zu halten." Dieses Hormon werde auch bei allen anderen Menschen freigesetzt, die eine Bindung eingehen.

Doch obwohl die Neurotransmitter, also die Botenstoffe, bekannt sind und möglicherweise ein permanentes Glücksgefühl vermitteln könnten, dämpft Sprick derartige Erwartungen: "Unser Hirn kann zwar Glück empfinden. Es ist aber nicht darauf angelegt, dauerhaft glücklich zu sein. Es ist vom System her nicht möglich, einen Glückszustand auf lange Sicht beizubehalten." Insofern sei Glücksempfinden abhängig von der entsprechenden Relation. "Viele unserer Patienten, die in einer schweren depressiven Phase sind, wären beispielsweise sehr glücklich, wenn sie einen ganz normalen Alltag zuhause erleben könnten", so Sprick. Für jeden anderen dagegen sei der Alltagstrott kein Auslöser für Glücksgefühle.

Forscher haben die Gefühle von Lotteriegewinnern und Menschen, die einen schweren Unfall, also großes Pech hatten, verglichen. "Dabei hat man festgestellt, dass beide Gruppen nach einigen Jahren wieder auf demselben Level waren. Wer das große Los gezogen hatte, war nach einiger Zeit in seiner Zufriedenheit auf dem identischen Stand wie jemand, den es massiv erwischt hatte", erklärt Sprick.

Jeder könne etwas für sein eigenes Glück tun. Zuvorderst rät der Chefarzt zu positivem Denken. "Es geht nicht darum, Schlechtes zu negieren", sagt er. Aber ein Denken, das eher das halbvolle und weniger das halbleere Glas wahrnimmt, könne helfen, zufriedener zu sein. Schokolade dagegen mache nicht glücklich. "Man bräuchte Unmengen, um so Glück zu empfinden." Da wäre man schneller unglücklich über die überschüssigen Pfunde.

(BroerB)
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