Neuss Wie Patienten ihren Arzt besser verstehen

Neuss · Bei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient gibt es häufig Probleme. Das Etienne-Krankenhaus bietet einen Infoabend dazu an.

Neuss: Wie Patienten ihren Arzt besser verstehen
Foto: ngz

Wer kennt das nicht nach einem Arzttermin? Der Mediziner hört sich die Beschwerden an, notiert, untersucht und diagnostiziert. Doch der Patient hat kaum etwas verstanden. Fehlende oder mangelhafte Kommunikation im Gesundheitswesen führt oft zu Missverständnissen, Verwirrung, Behandlungsfehlern und schränkt die Patientensicherheit ein. Deshalb widmet sich der dritte Internationale Tag der Patientensicherheit unter dem Motto "Wenn Schweigen gefährlich ist" der Kommunikation. Das Johanna-Etienne-Krankenhaus (JEK) beteiligt sich daran und bietet einen Informationsabend unter dem Motto "Sprechen Sie Arzt?" an.

"Es gibt ganz viele Missverständnisse im Patienten-Arzt-Gespräch", weiß auch Professor Jens Encke, Chefarzt der Inneren Medizin. "Das liegt daran, dass wir Mediziner immer zweisprachig unterwegs sind." Wenn er mit seinem Team die Visite mache, sei es alltäglich für ihn, in medizinischer Fachsprache zu reden. Im direkten Patientengespräch wiederum vergesse er dann manchmal in verständliches Deutsch zu wechseln, gibt Encke zu und nennt Beispiele. "Wenn ich Patienten frage, ob bereits eine Sonographie oder Kernspintomographie gemacht worden sei, schütteln sie eher den Kopf. Hätte ich jedoch nach Ultraschall oder MRT gefragt, wäre die Antwort vermutlich anders ausgefallen."

Was für ihn normale Fachtermini sind, löst manches Mal Unverständnis beim Patienten aus. "Sie haben einen Ikterus, wir machen eine ERCP", nennt Encke als weiteres Beispiel. Würde er stattdessen von Gelbsucht sprechen und erklären, dass eine Spiegelung der Gallengänge nötig sei, könnte der Patient ihm wohl eher folgen. Doch sein Team bei der Visite weiß eben sofort, was im Anschluss zu tun ist, sobald der Chefarzt eine ERCP (Endoskopisch-Retrograde-Cholangio-Pankreatikographie) angeordnet hat. "Ich müsste eigentlich immer in zwei Sprachen sprechen", so Encke. "Doch das gelingt nicht immer. Zum einen, weil es mir nicht bewusst ist, zum anderen, weil die Zeittaktung eng ist." So müsse er beispielsweise bei einer diagnostizierten Bauchspeicheldrüsenentzündung dem Patienten eigentlich erklären: Was ist die Bauchspeicheldrüse, wo liegt sie, wie entsteht eine Entzündung und was ist dagegen zu tun. Dieses Wechseln von der Fachsprache in verständliches Deutsch gelinge jedoch nicht immer.

Regelmäßig käme es vor, dass zum Ende der Visite Patienten fragen: "Können Sie mir mal erklären, was ich hier an Pillen einnehme?" Doch der Chefarzt weiß nicht im Einzelfall, wofür die rote, gelbe oder grüne Tablette im Schieber tatsächlich verabreicht wird. "Ich bitte dann das Pflegepersonal, dem Patienten zu erklären, warum welche Medikamente einzunehmen sind."

All das kostet Zeit. Hinzu kommt: Patienten werden älter, manche Erklärungen dauern deshalb länger und immer öfter gibt es Patienten, die nur schlecht Deutsch sprechen. "Wobei das Verständigungsproblem mittlerweile auf beiden Seiten besteht", räumt Encke ein. So gebe es Regionen in Deutschland, wo Ärzte oder Pflegepersonal nur sehr schlechtes Deutsch sprechen. Gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient sei aber unabdingbar, so Encke. Er empfiehlt: "Wenn Patienten etwas nicht verstanden haben, sollen sie nachfragen. Es ist ihr Recht."

(BroerB)
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