Neuss Wie Wohnungslose den Neustart schaffen

Neuss · Im Haus "Lebensbrücke" lernen Männer ohne Wohnung, ihr Leben und ihre Probleme in den Griff zu bekommen, damit sie wieder in einer eigenen Wohnung leben können. Die 38 Plätze in dem Haus sind fast immer belegt.

 Florian Adolphi (46) leitet das Haus "Lebensbrücke". Dort leben wohnungslose Männer zwischen 18 und 65 Jahren in Einzel- und Doppelzimmern. Sie werden von Mitarbeitern des Neusser Sozialamtes betreut.

Florian Adolphi (46) leitet das Haus "Lebensbrücke". Dort leben wohnungslose Männer zwischen 18 und 65 Jahren in Einzel- und Doppelzimmern. Sie werden von Mitarbeitern des Neusser Sozialamtes betreut.

Foto: Andreas Woitschützke

In den vergangenen 18 Jahren hat Florian Adolphi (46) schon so manches Schicksal gesehen. Doch ein Erlebnis aus der jüngsten Zeit bewegt den Leiter des Hauses "Lebensbrücke", in dem obdachlose Männer mit schweren Problemen auf ein Leben in einer eigenen Wohnung vorbereitet werden, besonders. "Vor wenigen Wochen ist ein junger drogenkonsumierender Mann gestorben, der zwei Wochen zuvor in unser Haus gezogen war", berichtet Adolphi. Die Obduktion habe ergeben, dass nicht eine Überdosis Drogen oder ein anderes Ereignis zum Tod geführt habe, sondern sein schlechter körperlicher Zustand. "Und das mit nur 31 Jahren", sagt der Hausleiter. "Wie ist es in unserer heutigen Gesellschaft möglich, dass ein junger Mensch so verelendet?" Zumal zur Beerdigung annähernd 80 Trauergäste gekommen seien, darunter seine Familie sowie zahlreiche Freunde und Bekannte. "Doch das soziale Netz hat offensichtlich nicht geholfen, ihn vor der Isolierung zu bewahren", sagt Adolphi.

Der 31-Jährige sei einst fachlich betreut worden, dann aber aus der Jugendhilfe herausgefallen, berichtet Adolphi. So wie viele der 38 Bewohner zwischen 18 und 65 Jahren im Haus "Lebensbrücke". Einige Männer leben dort nur wenige Wochen, die meisten jedoch bleiben dort mehrere Monate oder sogar Jahre. "Das hängt davon ab, welche Fortschritte sie machen und wie viel Hilfe sie benötigen", erklärt Adolphi. Einem älteren Menschen falle es schwerer, eingefahrene Gewohnheiten umzustellen als einem jungen. Die Nachfrage sei da. "Wir sind fast immer voll belegt."

Finanziert wird die Einrichtung an der Normannenstraße, die vom Neusser Sozialamt betreut wird, vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Vor fast 51 Jahren wurde sie als "Heim für Nichtsesshafte" gegründet. Seit über 35 Jahren bietet sie Resozialisierungshilfe, um Wohnungslose mit besonderer persönlicher Problematik wiedereinzugliedern. "Anfangs kamen die meisten unserer Klienten aus Sozialhilfefamilien. Heute sind hingegen viele junge Männer aus gut situierten Familien darunter", sagt Adolphi. Während die Mitarbeiter in den Anfangsjahren überwiegend Alkoholiker und Heroinabhängige betreut haben, seien später die gescheiterten Jugendhilfefälle und seit kurzem Konsumenten verschiedenster, auch synthetischer Drogen vermehrt unter den Hilfesuchenden.

"Die Männer lernen bei uns, Regeln einzuhalten", erklärt Adolphi. Die Mitarbeiter kümmerten sich darum, dass die Betroffenen wieder Hartz IV bekommen und Fuß fassen können. "Und wir legen Wert darauf, dass das Menschliche nicht zu kurz kommt", sagt der Leiter des Hauses. Die Arbeit sei hart, aber erfüllend. "Man kann hier noch mit einfachen Mitteln etwas Gutes tun."

(NGZ)
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