Sicherheitsdiskussion nach Mord in Jobcenter "Wir bleiben eine offene Behörde"

Neuss · In Neuss wird nach der tödlichen Messerattacke im Jobcenter über das Thema Sicherheit nachgedacht. Im Rathaus soll ein elektronisches Alarmsystem ausgebaut werden, die Stadtwerke denken an eine Direktleitung zur Polizei.

November 2012: Mord im Neusser Jobcenter - Täter in Haft
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Die tödliche Messerattacke auf eine Sachbearbeiterin des Jobcenters Neuss wird Veränderungen in allen Behörden nach sich ziehen. Davon zeigt sich Sozialdezernent Stefan Hahn überzeugt, der eine Analyse der Sicherheitsstandards im Rathaus ankündigt.

Ein elektronisches Alarmierungssystem, das seit Mai im Sozialamt erprobt wird, könnte vielleicht, sobald es einsatzreif ist, auf alle Ämter mit Publikumsverkehr ausgedehnt werden. Hahn stellte aber klar: "Von unserem Verständnis her bleiben wir eine offene Behörde." Verbarrikadieren hinter Sicherheitsglas schaffe kein Vertrauen.

In der Nebenstelle des Jobcenters an der Stresemann galt das gleiche Prinzip. "Hier werden Beratungsgespräche geführt, wo viel Vertrauen eine Rolle spielt", sagte Wendeline Gilles, die Geschäftsführerin des Jobcenters im Rhein-Kreis.

In der Nebenstelle, wo Langzeitarbeitslose über 50 Jahre in einem besonderen Projekt gefördert und vermittelt werden, gab es deshalb keinerlei Eingangskontrollen, keine Zwischentüren, die den Mitarbeitern in ihren Büros als zweiter Fluchtweg offen gestanden hätten.

Standard allerdings ist auch dort ein EDV-gestütztes Alarmierungssystem. Drückt ein Mitarbeiter einen Button am Bildschirm oder die Tastenkombination "ESC" und "F4", so erläutert Pressesprecher Christoph Janßen, tauche auf den Monitoren aller Kollegen der Abteilung der Hinweis "Alarm im Zimmer XY" auf. So könne Hilfe geholt werden.

Die erste Anlaufstelle vieler Hilfebezieher aber ist das Rathaus Promenade, wo Jobcenter und das städtische Sozialamt untergebracht sind. Dort gibt es in den Büros Zwischentüren und Infotheken mit Sicherheitsglas im Eingangsbereich, wo sich Besucher melden müssen.

Diese Info-Bereiche seien von außen nicht zu betreten, betont Sozialamtsleiter Hans-Peter Oebel. Wichtiger aber noch als solche baulichen Sicherungen ist Oebel und Hahn die Qualifizierung der Mitarbeiter. Der Kursus "Gespräch mit dem Bürger" sei Pflicht für alle, ein Deeskalationstraining Standard für die Mitarbeiter im Sozialamt.

Das soll nun auch anderen Mitarbeitern angeboten werden, kündigte Hahn an. "Viele Mitarbeiter haben negative Erfahrungen mit Kunden gemacht", hörte er aus vielen Gesprächen. Sie würden sich Sorgen machen, dass sie Ähnliches erleben könnten wie die tot Kollegin im Jobcenter. "Diese Sorgen und Bedürfnisse nehmen wir ernst."

Auch bei den Stadtwerken ist ein Deeskalationstraining für alle Dienststellen mit Kundenkontakt Standard, sagt SWN-Sprecherin Alexandra Hartig, Im Großraumbüro Kundencenter gelte zudem, das Büromaterial wie Scheren, die als Waffe genutzt werden könnten, nicht offen herumliegen darf. Das soll nun überprüft werden.

Weitere Schritte sollen mit der Berufsgenossenschaft und dem eigenen Sicherheitsberater überdacht werden. "Denkbar wäre eine Direktleitung zur Polizei", sagt Hartig.

(NGZ/ac/jco/csr)
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