Carsten Thiel, Uwg "Wir lassen uns nicht überrumpeln"

Neuss · Carsten Thiel, Fraktionsvorsitzender von UWG/BIG im Neusser Stadtrat, über politisches Sommertheater, die Verpflichtung zu wirtschaftlichem Denken und mehr interkommunale Zusammenarbeit.

Herr Thiel, Sie sind als Stallwache Ihrer kleinen Fraktionsgemeinschaft im Lande geblieben. Rechnen Sie damit, dass etwas passieren könnte?

Carsten Thiel Bei unserem Möbelhaus-Investor weiß man ja nie. Der drückt ja beim Thema Hammfeld II mächtig aufs Tempo, uns aber wird er nicht überrumpeln können. Wir stimmen keiner Lösung, keinem Plan zu, der den Neusser Einzelhandel schwächt.

Gebranntes Kind?

Thiel Ja. Ich will mich nicht noch einmal so abziehen lassen wie beim Thema Supermarkt in Reuschenberg. Uns wurde garantiert, dass der bestehende Handel geschützt wird. Jetzt hört man, dass die Verwaltung diese Zusage nicht mehr einhalten kann. Das ist enttäuschend.

Manche reden ja beim Thema Sportentwicklungsplanung von "politischem Sommertheater". Sie auch?

Thiel Der Ruf nach einem solchen Konzept ist uralt - aber gleichwohl wichtig. Ich komme gerade aus Grevenbroich, wo es sehr schöne Plätze gibt. Nur Neuss hinkt hinterher. Haben wir da strukturell etwas falsch gemacht? An Sommertheater beteiligen wir uns nicht, aber wenn ernsthaft diskutiert wird, haben wir eine Meinung: Manche Bezirkssportanlagen werden für die Zwecke des Schulsports zurechtgestutzt, frei werdende Flächen verkauft. Mit dem Erlös könnten die verbleibenden Einrichtungen gestärkt werden.

Es gibt Fraktionen, die versuchen in vermeintlich ruhigeren Zeiten Themen zu setzen. Hätten Sie einen Vorschlag? Man hört so wenig.

Thiel Ganz aktuell müsste man - und wir tun das auch - das Thema Erdverkabelung von Hochspannungsleitungen ansprechen. Wenn jetzt gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Erdkabel in Siedlungsnähe Standard werden - wie kann man dann bestehende Trassen ausnehmen? Die Gefahren, die von einer ertüchtigten Leitung mit ganz anderen Volt-Zahlen ausgehen können, sind doch die gleichen. Wenn sich beim Thema Chaos im Bürgeramt nicht bald was tut, machen wir auch den Mund auf. Ferien hin oder her.

Ansonsten hat man aber eher den Eindruck, Sie kümmern sich nur um Randthemen. Stichwort: Hundekotbeutel. Kann UWG nur klein-klein?

Thiel Im Gegenteil. Wir hatten drei große Wahlkampfthemen: Verbraucherzentrale - das hätte man unserer Überzeugung nach wirtschaftlicher lösen können, als es jetzt passiert ist. Für uns ist und bleibt das eine Kreisaufgabe. Zweitens: Polizeipräsenz. Als das Thema von uns kam, war es angeblich keins, jetzt hat die CDU es zu ihrem gemacht. Wie so oft. Aber wenn das Problem gelöst wird, soll es uns recht sein. Das Dritte waren die Kotbeutelautomaten, ja. Kein Thema am Rand, sondern - weil es um die Sauberkeit in der Stadt geht - eins in der Mitte.

Bei Themen wie der Umgestaltung des Konvent hat man von UWG/BIG oft ein Nein gehört, das nur mit Kosten begründet wurde. Sehen Sie sich als Hüter der Haushaltsdisziplin?

Thiel Wir müssen den Haushalt mit unseren beiden Stimmen am Ende nicht verantworten. Aber entbindet uns das von der Pflicht, wirtschaftlich zu denken? Nein. Eine halbe Million für den Konvent raushauen, wenn andererseits Geld im Sozialbereich fehlt, das kann ich nicht verantworten. Wir sind für Sparen, wenn es der Bürger nicht merkt. Der Konvent wäre so ein Fall gewesen. Mehr interkommunale Zusammenarbeit wäre ein anderer. Da schlummert ein enormes Einsparpotenzial.

Kleine Fraktionen sind im Rat oft das Zünglein an der Waage. Warum klappt das bei UWG/BIG nicht?

Thiel Uns gibt es noch nicht so lange. Jetzt aber sind wir startklar. Und wenn wir können, sind wir gerne Zünglein an der Waage - wenn wir am Ende Mehrheiten für unsere Themen gewinnen.

Dazu muss man frei und ungebunden sein. Ist UWG/BIG das - oder gibt es doch eine Präferenz Richtung schwarz-grüne Koalition?

Thiel Wir sind ungebunden. Aber, wenn man Mehrheiten sucht, muss man die auch finden. Und Mehrheiten mit der SPD gibt es derzeit nicht.

Der Landtag hat eine 2,5 Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen eingeführt. Mit dem 2014er Resultat kommt die UWG ja nicht zurück in den Rat. Wollen Sie Ihren Wählern zum Abschied noch etwas sagen?

Thiel Wir schaffen das - wieder, wenn die Bürger Themen und nicht Protest wählen.

CHRISTOPH KLEINAU FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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