Michael Schmuck "Wir wollen Negativzinsen vermeiden"

Neuss · Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Neuss über Niedrigzinsen, Altersvorsorge, Unternehmenskultur und seine Wünsche für die Zukunft.

 Michael Schmuck ist seit 1999 im Sparkassen-Vorstand und seit 2010 Vorstandsvorsitzender.

Michael Schmuck ist seit 1999 im Sparkassen-Vorstand und seit 2010 Vorstandsvorsitzender.

Foto: Berns

Herr Schmuck, Griechenland fordert den Schuldenschnitt, dazu eine lockere Geldpolitik der EZB, ein schwächelnder Euro und Flucht in Aktien. Verstehen Sie, dass angesichts der labilen Finanzmärkte die kleinen Leute verunsichert sind?

Michael Schmuck Ja, das verstehe ich sogar sehr gut. Aber was soll die EZB tun? Sie steckt in einem Dilemma. Die Wahrung der Geldwertstabilität ist ihre Aufgabe und es gibt durchaus Deflationsbefürchtungen. Diese Angst muss sie den Menschen und der Wirtschaft nehmen, damit sich nicht eine konjunkturelle Abwärtsspirale in Bewegung setzt. Billiges Geld sorgt aber auch dafür, dass nichts gegen die Staatsverschuldungen getan wird. Im Gegenteil. Zusätzlich befeuern die schmalen Zinsen eine gewisse Konsumneigung, aber andere, die Pensionsfonds zum Beispiel oder die Stiftungserlöse, leiden darunter. Die Frage bleibt: Wo geht die Liquidität hin? Kommt es in bestimmten Märkten zu Blasenbildung und Fehlsteuerungen?

Alle raten den Menschen, Vorsorge fürs Alter zu treffen. Aber wie? Die Minizinssätze liegen oft unter der Inflationsrate.

Schmuck Altersvorsorge hat für jeden einzelnen von uns eine hohe Bedeutung. Die Renten bleiben sicher, aber nicht auf dem heutigen Niveau. Der Grund: Der demografisches Wandel diktiert, dass die Zahl der Leistungserbringer sinkt, während die Anzahl der Leistungsempfänger steigt.

Also raten Sie zum Sparen, obwohl die Zinsen so niedrig sind?

Schmuck Eindeutig: Ja. Sparen ist ein Wert für sich. Wer monatlich 500 Euro beiseite legt, der hat am Jahresende 6000 Euro. Da spielt es doch keine Rolle, ob er 0,1 oder 1 Prozent Zinsen erhält. Ich füge hinzu: Wir werden alles dafür tun, um Negativzinsen für Sparer zu vermeiden.

Was halten Sie vom Vorschlag, in die eigenen vier Wände zu investieren?

Schmuck Das ist eine angesagte Alternative - für den, der es sich erlauben kann. Wer Wohneigentum für die Eigennutzung so finanziert, dass es bei Renteneintritt bezahlt ist, der hat immer noch die beste Altersvorsorge für sich getroffen.

Warum erfasst die Niedrigzinsphase nicht die Zinsraten, die für Dispokredite zu zahlen sind?

Schmuck Auch die Dispozinsen liegen weit unter ihrem Höchstniveau. Sie werden für kurzfristige Überziehung erhoben, um dem Kunden jederzeit problemlos Liquidität zu garantieren. Ist der Kunde länger im Soll, empfehlen wir ihm eine Umschuldung zu niedrigeren Sätzen.

Welche Strategie empfehlen Sie in diesen unruhigen Zeiten Sparern?

Schmuck Sparen ist wichtiger als auf den Zinssatz zu schauen. Das sagte ich schon. Ich sichere zu, wir beraten unsere Kunden im Hinblick auf ihre individuelle Situation und Bedürfnisse. Wir preisen niemandem ein Produkt an, nur weil es der Sparkasse gut tut.

Als Sie 2010 den Vorstandsvorsitz übernahmen, haben Sie einen Prozess zur Entwicklung der Unternehmenskultur angestoßen. Warum war Ihnen das Thema so wichtig?

Schmuck Diese Verantwortung diktiert, das Unternehmen langfristig zu sichern. Dafür benötigen wir eine passende Strategie. Produkte sind austauschbar, die Menschen machen den Unterschied. Darum investieren wir in Menschen, die halten, was unsere Marke verspricht.

Der Prozess ist auch außerhalb der Sparkasse unter dem Leitwort "Menschen erfolgreich machen" bekannt. Was hat sich mit diesem Entwicklungsprozess schon verändert?

Schmuck Aus Umfragen bei den Mitarbeitern wissen wir, dass wir gut voran kommen. Unser Ziel ist es, 2020 einen anerkannten Preis als "Unternehmen des Jahres" zu bekommen. Dabei ist das Ziel nicht das Entscheidende, sondern der Prozess, der uns besser macht. "Menschen erfolgreich machen" - das ist unsere Vision, die wir täglich leben.

Eine Sparkasse ist keine Bank. Was sind denn eigentlich die Alleinstellungsmerkmale der Sparkassen?

Schmuck Wir sind ein öffentlich-rechtliches Institut, das der Gesetzgeber zum Regionalprinzip und zur Mittelstandsförderung verpflichtet. Wir haben Kommunen zwar als Träger, sie sind aber keine Gesellschafter. Wir haben weder Aktionäre noch Genossen, die Dividenden erwarten. Unsere Erträge fließen ins Eigenkapital, damit wir Wachstum finanzieren können, die übrigen Erträge kommen den Menschen in der Region zu gute.

In Zeiten leerer öffentlicher Kassen wächst die Begehrlichkeit der Politik. Zum Beispiel in Düsseldorf. Gibt es eine Faustregel welchen Prozentsatz des Ertrags eine Sparkasse an die Gewährsträger ausschütten sollte?

Schmuck Die Höhe der Ausschüttung liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrates. Wir haben in den vergangenen drei Jahren jeweils vier Millionen Euro ausgeschüttet. Ich empfehle, diese Kontinuität beizubehalten. Neben der Ausschüttung zahlen wir Gewerbesteuer - und die zahlen wir nur hier, im Gegensatz zu Großkonzernen -, wir spenden und stellen Stiftungserlöse zur Verfügung. Insgesamt sind es jährlich rund 15 Millionen Euro, die von der Sparkasse zum Wohle der 450 000 Bürger im Rhein-Kreis zur Verfügung gestellt werden.

Kostendruck und online banking gehen an der Sparkasse Neuss nicht vorbei. Bleiben Sie in der Fläche?

Schmuck Ja.

Streben Sie als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Neuss eine Vertragsverlängerung an?

Schmuck Nochmals: Ja. Mein Vertrag läuft in zwei Jahren aus. Dann bin ich 60 Jahre alt. Ich fühle mich fit. Die Arbeit macht mir Freude. Darum: Wenn es nach mir geht, würde ich gern um fünf Jahre verlängern.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE LUDGER BATEN

(NGZ)
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