Neuss Wird Leuven zur neuen Partnerstadt?

Neuss · Der SPD-Stadtverordnete Hartmut Rohmer fordert, das Ziel einer Städtepartnerschaft mit der belgischen Kommune nicht aus den Augen zu verlieren. Der Bürgermeister bleibt zunächst beim Konzept einer schrittweisen Annäherung.

Die Anregung kam aus der Düsseldorfer Staatskanzlei. Neuss, so legte Europa-Minister Franz-Josef Lersch-Mense Bürgermeister Reiner Breuer ans Herz, sollte sich als erste Stadt im Rhein-Kreis um die Anerkennung als "Europaaktive Kommune" bemühen. Anlass für diesen Anstoß des Chefs der Staatskanzlei war die von Neuss und dem belgischen Leuven gestartete Initiative "Friedensglockenspiel", ein in dieser Form bislang einmaliges und grenzüberschreitendes Friedens- und Versöhnungsprojekt, das 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg aus Gegnern Partner macht. Breuer fand die Idee gut und lässt eine Bewerbung prüfen. "Mit so einem Projekt", sagt er mit Blick auf das Glockenspiel, "wäre eine Bewerbung durchaus vorzeigbar."

Die Partnerschaft bei der Rekonstruktion eines 1914 im Feuer des Krieges zerstörten Carillon, für das die Stadt Neuss eine große Glocke stiften wird, ist Ergebnis einer zwischen beiden Städten vereinbarten Zusammenarbeit auf kulturellem Gebiet. Für den SPD-Stadtverordneten Hartmut Rohmer nur ein Anfang. "Ich bestehe darauf, dass das Ziel einer Städtepartnerschaft nicht aus den Augen verloren wird." Damit tut er keine Einzelmeinung kund, sondern den Wunsch des Komitees für Partnerschaften und internationale Beziehungen, das schon im Mai 2015 eine solche Partnerschaft anregte. Mit ihr, so hatte Rohmer im Rat geworben, könnte man "eine breite Basis für die Schaffung einer gemeinsamen Erinnerungskultur und die Gestaltung einer friedvollen Zukunft schaffen".

Im Vorjahr bremste der Rat ein und schlug stattdessen den Weg einer Annäherung über vertiefte Zusammenarbeit vor. Und nach wie vor ist Breuer überzeugt, dass das der richtige Kurs ist. Er spricht schon heute davon, dass sich eine "echte Städtefreundschaft" abzeichnet. Und er ist überzeugt, dass sich im Fortgang die Zusammenarbeit vertiefen und weitere Felder einbeziehen wird. Die Frage, wie man das formal bezeichnet, halte er eher für zweitrangig.

Ähnliche Töne sind aus Leuven selbst zu hören. Dort hat die Tatsache, dass Neuss die Idee mit dem Friedensglockenspiel aufgegriffen und zur eigenen Sache gemacht hat, landesweit ein positives Medienecho gefunden, berichtet Rob Belemans, der Projektleiter. Der breiten Öffentlichkeit aber müsse noch vermittelt werden, dass es diese Kontakte gibt - und warum ausgerechnet Neuss als erste deutsche Stadt die Projektidee aufgegriffen hat.

Von Städtepartnerschaft sei in Leuven schon gesprochen worden, doch wurde auch dort vor zu schnellen Entscheidungen gewarnt. Einmal, fasst Belemans die Diskussion zusammen, weil die Stadt schon Partnerschaften unterhält - "was man aber in der Realität des Alltags nicht bemerkt". Zum anderen, weil sich eine Städtepartnerschaft auf alle gesellschaftlichen Bereiche beziehen soll. "Dieser Rahmen müsste noch deutlich werden", sagt Belemans mit Blick auf Neuss.

Mit dem Wunsch einer Vertiefung beiderseitiger Kontakte steht Neuss nicht alleine da. Auch Weimar hat diesen Wunsch schon geäußert, berichtet Belemans. Die Goethe- und Schiller-Stadt besuchen einmal im Jahr Leuvener Schüler. Das ist zu wenig für eine Partnerschaft.

Städtepartnerschaften aktivieren und so aufbauen, dass sie für beide Seiten gewinnbringend sind, sei ein Kriterium für das Prädikat "Europaaktiv", sagt Nina Heil, Sprecherin des Europa-Ministers. Für die Bewerbung wäre das nicht schlecht.

(-nau)
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