Neuss Woelki: Die Kirche muss besser werden

Neuss · Der neue Erzbischof von Köln kam jetzt zum Augustinus-Forum nach Neuss und sprach dort über die Herausforderungen der katholischen Kirche und die Veränderungen, die mit Papst Franziskus einhergehen.

 Berthold Bonekamp, Bernd Klaschke, Schwester Praxedis, Kardinal Rainer Maria Woelki, Christiane Florin und Michael Schlagheck (v. l.) beim Augustinus-Forum.

Berthold Bonekamp, Bernd Klaschke, Schwester Praxedis, Kardinal Rainer Maria Woelki, Christiane Florin und Michael Schlagheck (v. l.) beim Augustinus-Forum.

Foto: Lothar Berns

"Wagemutig und kreativ - Papst Franziskus und der Aufbruch zu einer neuen Zeit": Das Thema des Augustinus-Forums war ebenso interessant wie die Talkrunde, in deren Mittelpunkt Rainer Maria Kardinal Woelki, der neue Erzbischof von Köln, stand. Kein Wunder, dass gut 900 Menschen bei der Podiumsdiskussion dabei sein wollten. Über 600 bekamen die begehrte Zusage.

Michael Schlagheck, der Leiter des Augustinus-Forums, begrüßte in der Mehrzweckhalle des St. Alexius-/St. Josef-Krankenhauses neben Woelki auch Prälat Bernd Klaschka. Der 68-jährige Adveniat-Hauptgeschäftsführer war 15 Jahre lang in Lateinamerika, ist dort mehrfach dem jetzigen Papst begegnet. Christiane Florin, Redaktionsleiterin von "Christ und Welt" in der Wochenzeitung "Die Zeit", stellte fast schon provozierend anmutende Fragen - und scheute sich nicht, immer wieder nachzuhaken, was für einen spannenden Abend sorgte.

Florin machte deutlich, dass die Erwartungen an die beiden Synoden, wo es unter anderem um Ehe und Familie geht, groß sind. Ihre Frage: "Wie geht die Kirche mit Menschen um, die gegen die kirchliche Hausordnung verstoßen haben, die beispielsweise geschieden und wieder verheiratet sind?"

Die Antwort von Rainer Maria Kardinal Woelki dürfte nicht alle zufriedengestellt haben: Einerseits bekannte er, dass "wiederverheiratete Geschiedene zur Gemeinde gehören". Und weiter: "Mir tut es um jeden leid, der sich von der Kirche nicht mehr angenommen fühlt." Allerdings gelte auch das Gebot Jesu, wonach die Ehe unauflöslich ist.

Möglich sei es unter Umständen, "dass in Ausnahmefällen Wege gefunden werden, dass Betroffene doch das Sakrament empfangen dürfen". Applaus gab es für seinen Hinweis, die Kirche sei immer eine Kirche der Sünder gewesen und werde es immer sein. Prälat Bernd Klaschka holte unter seinem Stuhl ein Schuhputz-Set hervor, wie Papst Franziskus es gern benutzt.

Der Grund: "Er sieht damit aus der Perspektive der Armen." Papst Franziskus sei geprägt von der Lebenssituation der Armen in Lateinamerika. Der neue Kölner Erzbischof Woelki bekannte, dass auch er sich gelegentlich arm fühle: "Arm an Anerkennung, an Beziehung, an Glück und Liebe und Ich-weiß-nicht-was." Und er gab zu bedenken, dass Papst Benedikt auch in großer Anspruchslosigkeit aufgetreten ist.

Prälat Klaschka beantwortete die Frage, worin sich die Kirche in Lateinamerika von der in Deutschland unterscheide: "Hier wird erst gehandelt, wenn alles in Strukturen ist; in Lateinamerika wird bereits dann gehandelt, wenn die Strukturen noch nicht da sind. Das Verlangen nach Sicherheit steht dort nicht so im Vordergrund."

Die Bürgernähe der katholischen Kirche interessierte Christine Florin. "Ich sehe noch Elemente der Volkskirche", sagte Bernd Klaschka. Es gingen immer noch mehr Menschen in die Gottesdienste als in die Fußballstadien.

Woelki mahnte, im Sinne von Papst Franziskus ohne Angst auf die Menschen zuzugehen. Sein Eingeständnis: "Wir müssen in vielem besser werden." Dass noch rund 24 Millionen Menschen in Deutschland der katholischen Kirche treu geblieben sind, ist für ihn aber ein Indiz dafür, dass die Mitglieder grundsätzlich nicht unzufrieden sind.

(NGZ)
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