Serie Rätsel Der Stadt (15) Wurde in Neuss mit Tierblut getauft?

Neuss · Der spätantike Kybele-Steinkeller am Gepaplatz in Gnadental war Opferstätte.

 Bei Ausgabungen wurde der Steinkeller 1956 entdeckt. Der Ort wird Kybele-Kultstätte genannt; seine genaue Bestimmung ist aber nicht bekannt.

Bei Ausgabungen wurde der Steinkeller 1956 entdeckt. Der Ort wird Kybele-Kultstätte genannt; seine genaue Bestimmung ist aber nicht bekannt.

Foto: lue-

Gnadental Die Stadt verfügt über einen Zeitzeugen aus der Spätantike, den es nur in Neuss zu sehen gibt: den Steinkeller am Gepaplatz in Gnadental, der Fossa Sanguinis genannt wird und lange Jahre als Kultort für die Göttermutter Kybele galt. Dort könnte mit Stierblut getauft worden sein. Diese frühe Deutung gilt unter Experten inzwischen aber als fraglich.

Geblieben ist die Überzeugung, dass es sich um einen Ort mit "sakraler" Funktion handelt. Eine verbindliche Bestimmung fällt aber auch so schwer, da es andernorts keine Parallelen zum Neusser Fund gibt, der seit 1963 von einem bungalowartigen Pavillon geschützt wird.

Keine der bekannte Kultstätten der kleinasiatischen Gottheit Kybele verfügt über so eine Taufgrube wie in Neuss, in die wohl Priester hinabstiegen, während oben auf Brettern ein Stier geschlachtet wurde. Mit dem herunter tropfenden Blut verband der Täufling die Hoffnung auf ewiges Leben.

Eine Besichtigung Fossa Sanguinis für Besucher ist auch am Wochenende möglich. Familie Heischkamp, so steht es auf einem Info-Schild, hält im Haus Gepaplatz 3 den Schlüssel bereit.

Erst vor 62 Jahren wurde die bis heute rätselhafte Kultstelle bei Ausgrabungen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) im Bereich des ehemaligen römischen Militärlagers Castellum Novaesium entdeckt. Eine Theorie besagt, dass ein Teil des Heiligen Bezirks aus der Römerzeit gefunden wurde. Diese These stärken eine Jupiter-Darstellung - sie steht heute auf einer Säule gegenüber dem Pavillon-Eingang - und ein Weihestein, der ebenfalls dem stärksten römischen Staatsgott gewidmet war.

Die in Neuss Kybele-Kultstätte gerufene Entdeckung ist gut ausgeschildert und Teil des "Historischen Rundgangs", der vorbei an Zeitzeugen-Repliken an die Wurzeln der Stadt führt - und eben auch zur "Fossa Sanguinis". Die Römer errichteten - nachweislich - 16 vor unserer Zeitrichtung ein Marschlager im heutigen Meertal. Das Datum wird als Geburtsstunde der Stadt Neuss angesehen. Mehr als 6000 Soldaten sollen, zumindest zeitweise, in dem großen Lager Castellum Novaesium gelebt haben. Die Kybele-Kultstätte erzählt davon.

(-lue)
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