Neuss Zeitgenössische Romanzen als fesselndes Erlebnis

Neuss · Das zweite Abonnementkonzerts der Deutschen Kammerakademie Neuss im Zeughaus irritierte und begeisterte.

 Fenella Humphires überzeugte als exzellente Solistin

Fenella Humphires überzeugte als exzellente Solistin

Foto: M. Stegemann

Das zweite Abonnementkonzert der Deutschen Kammerakademie Neuss (DKN) hatte als Motto "Romanzen". Das mag so manchen Abonnenten zur Matineezeit im Zeughaus irritiert haben. Denn viele Zuhörer verließen zur Pause das Konzert. Musikalische Romanzen sind phantasievolle Erzählungen, die modernen und zeitgenössischen "Romanzen", die Chefdirigent Lavard Skou Larsen zu einem phantastischen Ensemble zusammengestellt hatte, passten wohl zu wenig in eingefahrene Vorstellungswelten.

Der vor allem für seine Filmmusik bekannte englische Komponist Bernard Stevens hat 1948 eine "Sinfonietta für Streicher" geschrieben, die im ersten Satz beim von den Bratschen der DKN sauber gespielten Thema durchaus romantische Gefühle wecken kann. Ansonsten verbindet Stevens tonale und dodekaphone Elemente mit melodischer Raffinesse.

Tatsächlich nennt der der neo-romantischen Tradition verpflichtete Brite Peter Seabourne die beiden Sätze seines "Concerto Notturno" für Violine und Streicher Romanzen. Die erste, "This is a song for you alone", hat er vor gut zehn Jahren geschrieben, die zweite, "Give to me another Song", ist eine Auftragskomposition der DKN. Sie wurde Anfang 2016 fertig, und ist der Geigerin Fenella Humphreys gewidmet. Sie spielte auch die Uraufführung im Zeughaus.

Die langjährige erste Konzertmeisterin der DKN (seit 2008) konnte in ihrem technisch berauschenden Vortrag zeigen, was für eine exzellente Solistin sie ist. Von der britischen Presse als "ein Wunder" beschrieben, hat sie sich vor allem als Interpretin zeitgenössischer Violinwerke einen Namen gemacht. Mehrere britische Komponisten haben exklusiv für sie und das "Lawson Trio", deren Mitglied sie ist, geschrieben. Viele spannende Momente schuf sie bei der Uraufführung, Höhepunkt ein lebhafter Monolog zu monoton streichenden Kontrabässen. "Sie muss kämpfen, ihren Kopf über dem wirbelnden, emotionalen Wildwasser zu halten", sagte der im Zeughaus anwesende Komponist Peter Seabourne. Sie hat den Kampf überzeugend gewonnen. Fenella Humphreys spielte gleichermaßen gekonnt den Solopart in dem reizvollen "Nachtkonzert für Violine und Streichorchester" aus dem Jahre 2000 des in den USA lebenden Polen Mikolaj Gòrecki. Neue und faszinierende Hörerlebnisse bot die DKN auch im Finale, der "Sinfonie für Streichorchester" von Szymon Laks. Der 1983 gestorbene polnische Komponist hatte als Leiter des Lagerorchesters Auschwitz überlebt. Die feine Gitarren-Imitation durch große Streicher-Pizzicati, das wilde und von der DKN vollkommen rein gespielte Unisono im letzten Satz begeisterten schließlich das Publikum.

(Nima)
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