Radevormwald/Köln Angeklagter (28) hört Stimmen von Agenten

Radevormwald/Köln · Die Verlesung der Anklage vor der 15. Großen Strafkammer am Landgericht Köln dauert 20 Minuten. Das ist der Auftakt für eine mehrtägig angesetzte Gerichtsverhandlung, die das Ziel hat, herauszufinden, ob eine gesicherte Unterbringung für den Angeklagten das richtige Urteil ist.

Verhandelt wird gegen einen 28-jährigen Mann aus Radevormwald, der vom Amtsgericht Wipperfürth in die forensische Klinik in Essen eingewiesen wurde, wo er seit einigen Monaten lebt. Nun soll geklärt werden, wie der Rader endgültig untergebracht werden soll.

Ihm wird unter anderem Bedrohung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung zur Last gelegt. Nicht klar ist, inwieweit eine eingeschränkte oder keine Schuldfähigkeit besteht. In Essen wird der Mann wegen Depressionen und einer Psychose medikamentös behandelt. Der 28-Jährige wirkt getrieben, gehetzt, er verwickelt sich in Widersprüche, erzählt von Stimmen in seinem Kopf, die sich wie Geheimagenten anhören, erzählt von einem angeblichen Aufenthalt zur Kampfausbildung in Somalia oder einer Entführung in ein Gefängnis in Sibirien. Dabei äußert er sich klar, nur manchmal muss ihn sein Anwalt zurück zum Thema bringen. Denn die ausschweifenden Erklärungen gehen selbst dem geduldig nachfragenden Richter zu sehr in die Breite.

Symptomatisch für den verwirrten Geisteszustand des Angeklagten ist ein Satz wie: "Die kommen öfters, auch ohne Durchsuchungsbefehl." Gemeint ist die Polizei, die bei einer Durchsuchung in der Wohnung des Raders Munition und Waffen gefunden hat. 2013 hatte der Angeklagte einem Kioskbesitzer mit einem Messer eine Wunde am Handrücken zugefügt. Auch hinter dem Gericht vermutet der Angeklagte ein Komplott: "Sie sind ja eingeweiht", sagt er zum Richter. Gleichzeitig versucht er jedoch, sich in ein gutes Bild zu rücken. "Ich bin eigentlich ein netter, umgänglicher Mensch", betont er mehrfach. Und bringt auch die forensische Klinik in Essen ins Spiel, die ihm gute Umgangsformen und vorbildliches Verhalten bescheinigt.

Auf die Frage nach seinen Lebensperspektiven antwortet der 28-Jährige: "Ich werde noch einen Versuch unternehmen, meine geschiedene Frau zurückzugewinnen. Wenn das nicht klappt, dann gehe ich zur Fremdenlegion." Wahnvorstellungen wechseln sich mit klaren Momenten ab. Etwa, wenn er die Episode, in der er die Stimmen in seinem Kopf hörte, mit dem Satz kommentiert: "Ich hatte ja keine Ahnung, dass eine Psychose so was Schlimmes bewirken kann." Auch wenn er von seiner Zeit in Essen berichtet und den Medikamenten, die er dort bekommt, wirkt der 28-Jährige relativ klar, die Darstellungen seines Lebens wirken indes fahrig, er neigt zur Ausschmückung.

Wenn es um seine Drogenkarriere geht, die er seit seiner Konvertierung zu einer Strömung des Islam, der seine geschiedene Frau angehört, nach eigenen Angaben beendet hat, fühlt er sich wohl in die Enge gedrängt. Mehrfach kommt der Satz: "Darüber will ich nicht reden. Das ist alles so lange her."

Im Gegensatz zur Gerichtsverhandlung in Wipperfürth, bei der der Angeklagte sehr verwirrt war, provozierend auftrat und mit Hand- und Fußfesseln vorgeführt werden musste, war der 28-Jährige im Landgericht friedlich.

Mit einem Urteil ist nicht vor Ende Oktober zu rechnen.

(wow)
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