Radevormwald Arbeitgeber bestohlen: "Es war wie Sucht"

Radevormwald · Bewährungsstrafe und gemeinnützige Arbeit für Rader, der Arbeitgeber über Jahre bestohlen hatte.

Seit der Lehre und fast drei Jahrzehnte lang hatte ein 46 Jahre alter Facharbeiter in einem mittelständischen Unternehmen in Rade gearbeitet. Dass er im Frühjahr 2016 den sicheren Arbeitsplatz verlor, seitdem krankgeschrieben und ohne neue Stelle ist, hat der Familienvater (zwei Kinder) selbst verschuldet. Vor dem Amtsgericht in Wipperfürth räumte er das ein. Er bereue zutiefst, was er getan habe, sagte er vor der Urteilsverkündung: "Ich schäme mich und hoffe, dass mein ehemaliger Arbeitgeber mir das irgendwann verzeihen kann."

Die Anklage legte dem Mann Diebstahl in mindestens vier Fällen zur Last. Von 2013 bis zum Rauswurf soll er jährlich mindestens einmal seinen Arbeitgeber in großem Stil bestohlen haben. Jedesmal hatte er Teile aus der Werkzeugabteilung mitgehen lassen, darunter Bohrer und Spezialfräsen. In seiner Wohnung hortete er das Diebesgut - annähernd tausend Einzelteile - und versuchte, es über Ebay zu verkaufen. Der Gesamtwert: rund 56.000 Euro. Der Internet-Handel brachte ihm allerdings nur rund 11.500 Euro ein, denn viele der Spezialwerkzeuge erwiesen sich als unverkäuflich.

Das Geld sei nebensächlich gewesen, sagte der Mann aus. Die Diebstähle hätten etwas Zwanghaftes gehabt - "es war wie eine Sucht". Und: "Die Teile waren für mich wie Trophäen, es war ein Erfolgserlebnis, sie nach Hause zu bringen." Ganz so "nebensächlich" waren aber auch die Einnahmen aus dem illegalen Handel nicht. Der 46-Jährige nutzte sie, um Schulden zu bezahlen, nachdem er früher aufgenommene Kredite aus seinem normalen Arbeitseinkommen heraus nicht mehr hatte bedienen können. Seine Ehefrau fiel wegen einer Erkrankung als Mitverdienerin aus, der Facharbeiter-Lohn reichte nicht. Als die Diebstähle Jahre nach der ersten Tat auffielen und der Facharbeiter in Verdacht geriet, fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchung große Teile der Beute. Sie bekam das Unternehmen zurück. Der langjährige Mitarbeiter erhielt die Kündigung, erlitt einen Nervenzusammenbruch und ist eigenen Aussagen zufolge seitdem an schweren Depressionen erkrankt. Nun leben er und seine Familie vom Krankengeld.

Vor diesem Hintergrund entschied der Strafrichter nicht auf eine Geld-, sondern auf eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall. Strafmildernd wertete er, dass der Rader nicht vorbestraft ist und das ergaunerte Geld nicht für Luxusgüter verwendete, sondern Schulden damit abbezahlte. Der Mann wird einem Bewährungshelfer unterstellt. Unter dessen Führung muss er 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten. Nach dem Straf- dürfte nun noch ein Zilvilrechtsverfahren folgen, wenn sein früherer Arbeitgeber auf Wiedergutmachung des Schadens klagt.

(bn)
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