Radevormwald Awo sieht noch Chancen für die Kitas

Radevormwald · Vorsichtig optimistisch ist die Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt, Martina Gilles. Wenn die Mitarbeiter drei Jahre auf die beschlossene Gehaltserhöhung verzichten, könnte es klappen, dass die Awo Träger der Einrichtungen bleibt.

 Die Lily-Braun-Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße: Die Einrichtung ist noch sehr jung, seit Sommer 2013 werden hier Mädchen und Jungen betreut.

Die Lily-Braun-Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße: Die Einrichtung ist noch sehr jung, seit Sommer 2013 werden hier Mädchen und Jungen betreut.

Foto: jürgen moll

Martina Gilles hat einen trockenen Hals. Die vergangenen Wochen waren nach ihren Angaben ein "Wahnsinnskraftakt". Die Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt Rhein-Oberberg wird Ende nächster Woche mit fast allen 579 Mitarbeitern in 60 Einrichtungen gesprochen haben, die womöglich davon betroffen sind, dass die Awo Kindertagesstätten und/oder Offene Ganztagsschulen abstoßen muss.

Hintergrund sind die Tarifabschlüsse im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst. Die von der Gewerkschaft erstrittenen Gehaltserhöhungen, die rückwirkend zum 1. Juli 2015 gelten, bedeuten eine Mehrausgabe von 870.000 Euro. "Das bricht uns das Genick", sagt Martina Gilles. Donnerstagabend gab's eine Betriebsversammlung, bei der sie die Mitarbeiter über den aktuellen Stand informierte.

Vorsichtig optimistisch äußerte sich die Awo-Geschäftsführerin gestern im Gespräch mit unserer Redaktion, was die Situation in Radevormwald angeht. Hier betreibt die Awo die Lily-Braun-Kindertagesstätte an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße und den Lore-Agnes-Kindergarten an der Bahnhofstraße.

Der Vorschlag an die Mitarbeiter, drei Jahre auf die Tarifsteigerung zu verzichten, um dadurch mehr Einrichtungen in Awo-Trägerschaft halten zu können, sei in der Bergstadt auf eine positive Grundstimmung gestoßen. "Es gab solidarischen Applaus", sagt Martina Gilles. Außerdem steht als weitere Möglichkeit zur Diskussion, dass die Mitarbeiter in einen Haustarif wechseln. "Diese Optionen werden wir jetzt genau prüfen und durchrechnen. Wir brauchen aber eine schnelle Lösung, deshalb glaube ich, dass zunächst der Gehaltsverzicht die einzige Möglichkeit ist, Einrichtungen doch noch zu halten", sagt die Geschäftsführerin.

Dem Lohnverzicht müssten jedoch alle betroffenen Mitarbeiter zustimmen. Martina Gilles kündigt Sondierungsgespräche mit der Gewerkschaft Verdi an, die aber aus Erfahrung ein Jahr dauern könnten, "und außerdem stellt sich uns auch die Frage, wie schnell die Maßnahmen wirtschaftlich greifen", sagt sie.

Es sei den Mitarbeitern hoch anzurechnen, dass sie auf Gehalt verzichten wollen. "Viele Einrichtungen zeigen sich extrem solidarisch, für andere ist es schwieriger", sagt sie. Wie das alles arbeitsrechtlich funktionieren kann, müssen die nächsten Wochen zeigen. Für große Unruhe unter den Mitarbeitern hatte die Ankündigung von Verdi geführt, die Awo-Mitarbeiter würden bei einem Gehaltsverzicht für drei Jahre bis zur Rente keine Tariferhöhung mehr bekommen. "Das stimmt nicht.

Jeder Tarifabschluss wird von uns nach den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen geprüft, das heißt aber nicht, dass wir sämtliche Abschlüsse verhindern wollen. Das haben wir auch schriftlich vom Vorstand bestätigt bekommen", sagt die Geschäftsführerin. Mit dem Gehaltsverzicht könne die Awo nach ihren Angaben das Schlimmste abwenden.

"Und wenn die Mitarbeiter in Rade mitziehen, dann sehe ich den Standort als nicht gefährdet an", sagte Martina Gilles. Die Mitarbeiter leisteten einen wunderbaren Job, beide Gebäude hätten einen besonderen Charme. Auch für die beiden Hückeswagener Einrichtungen sieht die Geschäftsführerin gute Chancen, auch hier hätten die Mitarbeiter signalisiert, den Weg der Awo mitzugehen und auf die Gehaltssteigerung zu verzichten. "Dann haben wir auch dort große Chancen", sagt sie.

(RP)
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