Radevormwald Bei Stalkingverdacht fehlen oft Beweise

Radevormwald · Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Juliane Dyes, muss sich immer wieder mit Fällen beschäftigen, in denen sich Frauen von Männern belästigt fühlen. Auch sie verfolgt die Diskussion um die Anzeige gegen Christian Viebach (CDU).

Zum aktuellen Fall um die Stalking-Anzeige einer Rathaus-Mitarbeiterin gegen den Bürgerkandidaten von CDU und SPD, Christian Viebach, will sich die städtische Gleichstellungsbeauftragte Juliane Dyes nicht äußern. Sie hat aber immer wieder mit Frauen zu tun, die sich von Männern belästigt fühlen, bestätigt sie auf Anfrage der BM. "Die Zahlen in Rade steigen zwar nicht signifikant an, es gab aber schon einige Vorfälle. Und vor einigen Jahren habe ich dazu auch eine Veranstaltung gemacht", sagt sie. Juliane Dyes betreut Frauen, die gestalkt wurden, die sich als Opfer eines Mannes fühlen.

"Wichtig ist immer, Buch zu führen über alles, was wichtig sein könnte", sagt sie. Stalking kenne keine Altersgrenzen, selbst Senioren suchen Rat bei Juliane Dyes. "Hier saß mal eine 72-Jährige, die völlig fertig war und keinen Ausweg mehr wusste", berichtet die Gleichstellungsbeauftragte. Auch ihr habe sie geraten, alles zu notieren. Mails, SMS, Briefe - "wo keine Wunden offenliegen, steht Aussage gegen Aussage. Die Beweissicherung wird schwierig", sagt sie.

Oft stellt Juliane Dyes auch fest, dass die Frauen Angst haben, ihr Anliegen öffentlich zu machen, um sich selbst zu schützen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. "Es ist ganz wichtig, sich zu öffnen. Denn dann lässt der Täter oft von der Frau ab", sagt die Fachfrau im Rathaus. Entscheidend sei die Erkenntnis des Opfers, dass die anderen Menschen in ihrem Lebensumfeld nichts von dem Peiniger wissen. Ob Juliane Dyes auch die Mitarbeiterin im Rathaus berät, die Christian Viebach wegen Stalking angezeigt hat, will sie nicht kommentieren. Nur so viel: "Ich darf keinen Anwalt empfehlen, rate aber auf jeden Fall, sich rechtlichen Beistand zu holen", sagt sie. Außerdem gibt Juliane Dyes die Adressen von zwei Beratungsstellen weiter, die sich eingehend mit den gestalkten Frauen beschäftigen (siehe Infokasten).

"Wichtig ist, dass die Frauen Vertrauen fassen, das muss unbedingt sein", sagt Juliane Dyes. Dass ausschließlich Männer stalken, kann Juliane Dyes nicht bestätigen. "Das können Frauen auch. Und zwar nicht nur den Star, den sie auf der Bühne anhimmeln, sondern auch einen nahestehenden Menschen", sagt sie. Und eines weiß sie ganz genau: "Ohne Therapie für den mutmaßlichen Täter geht es nicht!" Stalking empfinde jeder der Beteiligten anders. "Gerade nach einer Trennungssituation. Wer geht, weiß es. Der andere ist überrascht, er will an der Beziehung festhalten, was ein logisches Verhalten ist", sagt sie. Da gehe es fast immer um Machtausübung. Stalking werde immer vom Opfer her gesehen, es müssten aber Beweise vorliegen, denn so schnell leite eine Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren ein. "Das ist schwierig zu bekommen", sagt Juliane Dyes. Ihre Kollegen im Rathaus habe sie in den vergangenen Tagen oft bremsen müssen. "Ich habe denen immer wieder gesagt, dass es im Fall von Christian Viebach eine Anzeige und ein Ermittlungsverfahren gibt, das aber auch noch eingestellt und fallengelassen werden kann, wenn kein öffentliches Interesse besteht", sagt sie. Die seelischen Wunden würden die mutmaßlichen Opfer zermürben, sie vielleicht sogar verrückt machen, aber die Unschuldsvermutung müsse bleiben, fordert Juliane Dyes. Selbst wenn es zu einer Anklage komme, sei noch nicht klar, ob auch tatsächlich eine Verurteilung folgt. Die städtische Gleichstellungsbeauftragte weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung, dass da immer viel Angst und viele Tränen mit im Spiel sind. Skeptisch und wenig optimistisch blickt Juliane Dyes auf die Entwicklung der vergangenen zwei bis drei Jahre. Sie persönlich habe den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaften immer häufiger die Verfahren wegen Stalkings einstellen. "Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Stalking im Strafgesetzbuch steht", sagt sie.

(RP)
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