Radevormwald Biesenbach hat Zeit zum Verschnaufen

Radevormwald · Ein Jahr lang musste Peter Biesenbach auf Freizeit verzichten. Der Grund: Der Hückeswagener CDU-Landtagsabgeordnete war als Vorsitzender des Ausschusses zu den Vorkommnissen in der Kölner Silvesternacht vollkommen ausgelastet.

 Peter Biesenbach hat wieder Zeit gefunden, sich mit anderen Dingen als den Vorkommnissen in der Kölner Silvesternacht zu beschäftigen. Die Lektüre eines Irland-Reiseführers gehört dazu.

Peter Biesenbach hat wieder Zeit gefunden, sich mit anderen Dingen als den Vorkommnissen in der Kölner Silvesternacht zu beschäftigen. Die Lektüre eines Irland-Reiseführers gehört dazu.

Foto: Stephan Büllesbach

Der Irland-Reiseführer lag schon längere Zeit im Wohnzimmer von Peter Biesenbach und seiner Frau Silvia Liebig-Preuten. Doch lange hatte ihn der 69-Jährige nicht angerührt. Keine Zeit. Dabei soll es im Sommer wieder auf die Grüne Insel gehen. Der Hückeswagener war schon mehrfach dort, seine Frau noch nicht. "Sie hätte gerne eine ,Schnupperwoche'", erzählt Biesenbach. Dafür wurde der dicke Schmöker angeschafft. Jetzt endlich findet er die Zeit und Muße, darin zu lesen und sich mit den Sehenswürdigkeiten Irlands vertraut zu machen.

Von März 2015 bis vor zwei Wochen hatte der Landtagsabgeordnete, der bis zum 14. Mai auch für Radevormwald zuständig ist, dafür keine Zeit. Selbst Konzert- oder Restaurantbesuche waren in den vorigen zwölf Monaten nicht drin. Auf das morgendliche Joggen mit seiner Frau um die Wupper-Vorsperre musste Biesenbach ebenfalls verzichten. "Selbst der Skiurlaub ist ausgefallen", erzählt. Das Skilanglaufen in Lappland stand in Biesenbachs Prioritätenliste halt ganz weit unten.

Das lag an den Nachwirkungen der Exzesse in der Kölner Silvesternacht 2015/16. Im Januar wurde dazu ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) eingerichtet, der zwei Monate später seine Arbeit aufnahm. Den Vorsitz übernahm der gelernte Jurist aus der Schloss-Stadt. "Wir hatten 59 öffentlich und fünf nicht-öffentliche Verhandlungstage", erzählt Biesenbach. 178 Zeugen seien vernommen worden, kaum jemand wurde weniger als zwei Stunden befragt. Opfer, also die mehr als 1000 Frauen, die von jungen Männern nordafrikanischer Herkunft belästigt oder sogar vergewaltigt wurden, vernahm der PUA nicht. Den Mitgliedern lagen anonymisierte Strafanzeigen vor, die durch Gutachter ausgewertet worden waren. "Wir wollten sie nicht wieder traumatisieren", sagte Biesenbach.

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde in mehr als 1000 Aktenordnern sowie etlichen elektronischen Ordnern gespeichert. "Würde man alles lesen, käme man auf etwa 100.000 Seiten Papier." Dazu kam der hohe Zeitdruck. Im Januar hatte der Hückeswagener mit dem Abschlussbericht begonnen. Der Entwurf umfasst mehr als 1300 Seiten, sämtlich von Biesenbach verfasst - entsprechend kurz waren die Nächte. Dass daraus schon Einzelheiten an die Öffentlichkeit gelangt sind, verwundert ihn nicht: "Wir hatten von Anfang an eine undichte Stelle im Ausschuss. Und wir haben nicht herausgekriegt, wo die ist", sagt er. Der Entwurf sei an 49 Personen gegangen. "Durchgestochen", also den Bericht den Medien zugespielt, habe er ihn nicht.

Was letztlich als Bericht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, ist unklar. Darüber muss der Ausschuss abstimmen. Biesenbach geht davon aus, dass vieles von "den regierungstragenden Fraktionen" herausgenommen wird. Die abweichende Meinung von CDU und FDP dazu fände sich in der Anlage wieder. Silvia Liebig-Preuten hatte in diesen zwölf Monaten nur wenig von ihrem Mann. "Aber sie hat großes Verständnis", versichert Biesenbach. Zudem sei sie selber gut beschäftigt gewesen, sagt er mit Blick auf ihre Steuerberaterkanzlei in Radevormwald. Doch als er den Bericht endlich fertiggestellt hatte, ging es zur Blues-Night mit Don Alder ins Kultur-Haus Zach. Zudem war eine Pizzeria nach langer Zeit wieder ein Anlaufpunkt für das Ehepaar. "Das war ein völlig neues Erlebnis", erzählt er.

Auch das Joggen hat das Paar wieder aufgenommen, und Biesenbach geht früher zu Bett. "Ich lebe jetzt wieder ein bisschen", sagt er. Nun steht der Landtagswahlkampf (ohne Radevormwald) an. "Aber das wird wesentlich entspannter", ist er sich sicher.

(büba)
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