Radevormwald Das Umwelt-Gewissen der Stadt wird 80

Radevormwald · Kathi Hentzschel feiert heute im Kreise von Freunden und der Familie ihren 80. Geburtstag. Seit dem Beginn der 1980er Jahre hat sie sich dem Umweltschutz verschrieben. Sie ist auch heute noch für den RBN und die Grünen beratend aktiv.

Radevormwald: Das Umwelt-Gewissen der Stadt wird 80
Foto: Hertgen Nico

Wenn es in Radevormwald um das Thema Umweltschutz geht, fällt der Name Kathi Hentzschel. Zusammen mit Dietmar Fennel und dem vor drei Jahren gestorbenen Mitstreiter Rudolf Rottschy (wohnte zuletzt in Halver) hat sie im Rheinisch-Bergischen Naturschutzverein (RBN) auch überregional Umweltpolitik betrieben. "Ich bin immer noch die Geschäftsführerin des RBN für Radevormwald", sagt die 80-Jährige, die viele Jahre auch die Naturschutzverbände im Rader Umweltausschuss vertreten hat und jetzt wieder vertritt. Der RBN mit Sitz in Overath ist inzwischen nicht nur in Oberberg und Rhein-Berg aktiv, sondern auch in Remscheid und Solingen. Gefeiert wird heute mit Freunden, Weggefährten und der Familie. Umweltaktivistin wurde Kathi Hentzschel, nachdem sie 1980 nach Rade gekommen war und ihr Garten beim Bau eines Kanals von der Stadt trockengelegt worden war. "Das war der Startschuss", sagte sie vor kurzem.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen um Elisabeth Pech-Büttner und Bernd Bornewasser fragt sie gerne um Rat. "So lange ich das gesundheitlich noch kann, werde ich meine Kenntnisse weitergeben, wenn das gewünscht wird", sagt die Hobbygärtnerin, die sich seit Jahrzehnten um naturnahe Gärten und Landwirtschaft bemüht. Hentzschel war auch Mitbegründerin der Bergischen Gartenarche, die sich um den Erhalt von alten Pflanzen und Obstsorten bemüht.

Gelernt hat sie viel von der gestorbenen Biogärtnerin Marie-Luise Kreuter, die zahlreiche Bücher veröffentlicht hat. Heute ist das Projekt der Gartenarche besonders auch in Wuppertal sehr bekannt. Pflanzen würden nicht nach Stadtgrenzen fragen. Deshalb liegt ihr besonders die zweimal im Jahr organisierte Pflanzentauschbörse sehr am Herzen. "Bei Anne Pieper und Maya Benicke ist die Organisation inzwischen in guten Händen", sagt Kathi Hentzschel, die ihren Naturgarten liebt und dort weiterhin gerne arbeitet.

Insgesamt fällt ihre Bilanz nicht nur positiv aus. "80 Prozent der Vögel und Insekten sind verschwunden", sagt sie und ergänzt, "damit verschwindet auch ein Teil von uns." Wenn man heute 100 Kilometer über die Autobahn fahre, dann sei die Scheibe oft noch fast sauber. Früher sei die Frontscheibe schon nach wenigen Kilometern von Insektenleichen verklebt gewesen. "Das ist zum Beispiel ein Zeichen für den Rückgang der Insekten", sagte sie. Der Verlust von Insekten sei auch die Folge der industriellen Landwirtschaft. "So lange es noch den Begriff der ordnungsgemäßen Landwirtschaft gibt, wird sich da wohl nichts ändern", sagt Kathi Hentzschel, die sich auch um die neue Streuobstwiese in Herbeck verdient gemacht hat und für Besuche von Kindergärten und Grundschulen wirbt, damit die Kinder ein wenig von der Natur kennen und schätzen lernen. Auch der Begriff der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft gehört dazu. Dadurch fiel der Erhalt zahlreicher Totbäume weg, in denen sehr viele Insekten ihren Lebensraum finden. Dietmar Fennel hatte vor einiger Zeit angekündigt, dass der RBN ein Totholzprojekt plane, bei dem alte Baumteile stehen bleiben. Bei ihrer Umweltbilanz kommen auch die Kirchen nicht besonders gut weg. "Sie kümmern sich zu wenig um das Thema Umwelt", sagt sie und ergänzt, "die Kirche tut zu wenig, um die Schöpfung zu erhalten. Jeder Eingriff verschlechtert die Lebensbedingungen."

Kathi Hentzschel möchte deshalb den warnenden Finger noch so lange hochhalten wie es ihre Kräfte erlauben.

(RP)
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