Hückeswagen Der neue Chef von 40.000 Mitarbeitern

Hückeswagen · Vor Peter Biesenbach hat noch nie ein Hückeswagener ein Ministeramt bekleidet. Die BM sprach mit dem neuen NRW-Justizminister.

 Im Traum angekommen: Peter Biesenbach ist seit dem 30. Juni Justizminister. Der 69-Jährige ist der erste Hückeswagener in solch einem Amt.

Im Traum angekommen: Peter Biesenbach ist seit dem 30. Juni Justizminister. Der 69-Jährige ist der erste Hückeswagener in solch einem Amt.

Foto: Justiz NRW

Termindruck ist Peter Biesenbach gewohnt. Schließlich ist er seit mehr als 17 Jahren Landespolitiker. "Doch es war fast erholsam, im Landtag zu arbeiten", sagt der Hückeswagener und lacht. Das Amt des Justizministers ist schon von einem anderen Kaliber. Dabei habe er das Glück, gewissermaßen mit den Sommerferien in seinen neuen Job gestartet zu sein, erzählt er. "Man hat mir gesagt, dass der Termindruck zurzeit wegen der Ferien harmlos sei", berichtet der CDU-Politiker - und lacht erneut.

Dass er kein normaler Landtagsabgeordneter mehr ist, sondern Chef eines Ministeriums, macht sich auch an seinem neuen Arbeitsalltag und dem früheren Beginn in der Landeshauptstadt bemerkbar. "Die Sitzungen begannen bislang so gegen 10 Uhr, das war dann eine entspannte Fahrt nach Düsseldorf", berichtet Biesenbach. Jetzt aber fahre er zwischen 7 und 7.30 Uhr los, denn ab 9 Uhr stehen in der Regel die Besprechungen an - von denen es eine Menge gibt. Vorher werfe er aber noch einen Blick auf seinen Schreibtisch im Justizministerium, ob da nicht etwas Eiliges liege. "Und da liegt ständig etwas Eiliges", hat der 69-Jährige, dessen Frau Silvia Liebig-Preuten in Rade seit vielen Jahren eine Steuerberatungskanzlei hat.

Die letzte Besprechung des Tages legt er, wenn möglich, auf 17 Uhr. Denn der Minister möchte noch anschließend die Gelegenheit haben, seinen Schreibtisch leer zu arbeiten. "Ansonsten besteht eine realistische Gefahr, von den Akten erschlagen zu werden", betont Biesenbach lächelnd. Sein Bestreben sei es immer, den Schreibtisch abends leer zu haben. Um 20 Uhr - je nach Terminlage etwa durch den Kreistag, dem er noch angehört, oder anderen Abendterminen auch nach 22 Uhr - ist er wieder daheim bei seiner Frau Silvia Liebig-Preuten in Hückeswagen.

Die Zahl der Besprechungen hat sich für den CDU-Politiker seit seiner Ernennung zum Justizminister am 30. Juni schlagartig erhöht. Was nicht verwunderlich ist, ist Biesenbach doch seit fünf Wochen Chef von etwa 40.000 Landesbediensteten, und er ist zuständig für an die 17.000 Häftlinge in 36 Gefängnissen und einem Justizvollzugskrankenhaus. "Da gab es in den ersten Wochen einen permanenten und immensen Gesprächsbedarf", erzählt er. Behördenleiter, Gerichtspräsidenten, Leiter von Strafanstalten, Vertreter der Anwalts- und Notarkammern sowie Sprecher von Berufsverbänden wie dem Richterbund oder von Gewerkschaften - sie alle wollten sich umgehend einen persönlichen Eindruck vom neuen Landesjustizminister machen und wissen, wohin die Reise für sie in den nächsten Jahren geht.

Beschäftigen muss sich Biesenbach aktuell auch mit dem Haushalt. Müssen in den kommenden Tagen doch Meldungen für den Nachtragshaushalt und Überlegungen für den Landeshaushalt 2018 angestellt werden. Da hinein fällt auch die Schaffung von neuen Stellen, etwa bei Richtern und Staatsanwälten bis hin zu Justizwachtmeistern. Die Einstellung von 500 neuen Richtern und Staatsanwälten gehört zu den Schwerpunkten, die sich der neue Justizminister gesetzt hat. So will er dafür Sorge tragen, dass vor allem die Verfahren bei Jugendlichen schneller abgeschlossen werden. Als Beispiel nennt Biesenbach Remscheid, wo ein Staatsanwalt vor Ort saß. "Das war brillant, denn er kannte die Szene und arbeitete am gleichen Ort wie etwa Richter und Vertreter der Jugendhilfe." Leider sei er in den Ruhestand gegangen. Doch Biesenbach will das Konzept "Staatsanwalt vor Ort" forcieren und landesweit ansiedeln. "Durch das beschleunigte Verfahren könnten die Verfahren innerhalb einer Woche erledigt sein", hofft er. Die Vorteile seien, dass die Betroffenen dann noch unter dem Eindruck des Geschehens stünden und dadurch die Zahl der Geständnisse erhöht und die der Berufungen verringert werden könnte. Mit Richtern und dem Richterbund hat er sich darüber bereits ausgetauscht. "Die Einstellung der neuen Richter und Staatsanwälte soll aber nicht auf einen Schlag passieren, sondern nach und nach. Damit sie sich einarbeiten können", betont Biesenbach.

Und noch etwas hat er sich vorgenommen: "Ich möchte den Menschen das Gefühl verschaffen, dass die Justiz ihnen hilft und dass sie die Scheu vor ihr verlieren." Diese solle sich mehr öffnen, aber auch müssten bestimmte Verfahren wie Grundbuch-Eintragungen oder familienrechtliche Entscheidungen beschleunigt werden. Zudem müsse den Verwaltungsgerichten geholfen werden, die derzeit in den Asylverfahren erstickten. Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schicke derzeit massiv Bescheide heraus - und es würden in den nächsten Jahren noch mehr. "Wir müssen die Verwaltungsgerichte unterstützen, dass sie in der Lage sind, das Ganze zu bewältigen", betont Biesenbach.

Auch wenn derzeit großer Termindruck auf dem Hückeswagener lastet, so hat er sich eines vorgenommen: "Das Erste, was ich im Ministerium zu hören bekam, war, dass meine Termine vom Ministerium geführt werden", erzählt er. Das käme nicht in Frage. Er wolle selbst bestimmen, was passiert. "Mal gucken, ob ich Herr über meine Termine bleibe oder doch fremdbestimmt werde", sagt der langjährige Abgeordnete auch für Rade - und lacht wieder.

(büba)
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