Radevormwald Die Angst vor der "50" als lustiger Theaterabend im Bürgerhaus

Radevormwald · Die sportlich wirkende Frau auf der Bühne macht keinen Hehl daraus, dass ein gewaltiges Problem vor ihr liegt. Ihre Sportleggins und Turnschuhe scheinen als Alibi zu dienen, die Aktivität in Person zu sein. Und doch, die Not ist groß. Das Problem ist der unaufhaltsam, bedrohlich nahende 50. Geburtstag."Ich fördere meine eigene Verschrottung nicht", schreit es aus ihrer Seele. Nein, so etwas darf nicht geschehen, die 49 kampflos auszugeben. Kathrin scheint teils verzweifelt, teils rebellisch Kampfhaltung anzunehmen. Als Inhaberin eines Fitnessstudios kann es einfach nicht sein, die gewaltige Mauer "50" zu überschreiten. Kathrin, gespielt von Beate Albrecht, will es sich und dem Publikum beweisen. Sie schüttelt die Liegestütze nur so aus den Ärmeln, steigert ihre Turnübungen, in dem sie diese im raschen Tempo auch noch nur auf einem Stützbein absolviert. Die Besucher im gut besuchten Bürgerhaus applaudieren. Sie kann punkten, doch ist damit ihr Problem gelöst? Ganz sicher nicht, denn der ehemalige Lover Mark (Tobias Vorberg) drückt das Ereignis so aus. "Nur noch 16 Stunden, dann darf ich gratulieren."

 Sportliche Fitness und die Wende des Lebens mit 50 Jahren waren Thema eines Theaterstücks, dass die Gleichstellungsbeauftragte Juliane Dyes zu ihrem Dienstjubiläum (25 Jahre) ins Bürgerhaus geholt hatte.

Sportliche Fitness und die Wende des Lebens mit 50 Jahren waren Thema eines Theaterstücks, dass die Gleichstellungsbeauftragte Juliane Dyes zu ihrem Dienstjubiläum (25 Jahre) ins Bürgerhaus geholt hatte.

Foto: Jürgen moll

Kathrin befördert ihn zur Tür, vielleicht, um sich mental noch einmal mit ihrer misslichen Lage vertraut zu machen. Da steht schon Treukunde Frank (Peter Peiseler) im Trainingsanzug in der Tür, auch Mitarbeiterin Trixi (Jessi Jahning) schwirrt best gelaunt herum. Das Jubiläum des Studios steht an und soll gefeiert werden. Doch jeder weiß, es ist der runde Geburtstag, der ansteht. Kathrin zeigt sich missgelaunt über die Spuren des Alters. Sie vergleicht sich mit einem Auto, dessen Karosserie langsam von Rost heimgesucht wird, Stoßdämpfer und schließlich Motor langsam defekt werden. Sie überträgt diese Schäden durch Gesten auf ihren Körper, was das Publikum amüsiert. Witzig bis traurig werden so die Spuren des Lebens in Szene gesetzt. "50 - oder die junge Kunst des Alterns" heißt das Stück, das die Hauptdarstellerin auch geschrieben hat. Zusammen mit ihrem kleinen Ensemble zeigt sie die widersprüchlichen Empfindungen vor einem runden Geburtstag. Ex-Lover Mark bilanziert unverblümt: "Bis 50 kannst du kräftig leben und feiern, danach nur noch für einen schmerzfreien Abgang sorgen." Frank versucht es auf die sanfte Tour: "Du musst weiterleben. Ich bin jetzt bei Partner.de angemeldet und das Telefon bimmelt immerzu." Er empfiehlt Partys mit "Ü" zu besuchen. "Alle Angebote, die mit ,Senioren' anfangen, sind jetzt richtig für uns." Kathrin brüllt. Sie lässt sich auch nicht von ihrer Mutter trösten. Diese macht sich gleich an Frank heran: "Damals hatten wir Angst vor Russen und Raketen, heute sind es Krähenfüße und Orangenhaut." Auch sie amüsiert sich über die Ängste ihrer Tochter. Dagegen hilft nur eine Riesenparty, denken alle. Doch Kathrin zieht die Reißleine, nimmt Teddybär Bernhard und packt den Koffer. Nur weg von hier. Aber da hat sie die Rechnung ohne ihre engsten Lieben gemacht. Kathrin muss erkennen, dass jedes Alter seinen Reiz hat. Nur die Kunst, alles altersgerecht einzupacken, muss sie ganz langsam lernen.

(sig)
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