Radevormwald Die Nachfrage von Familien nach Beratung ist immer noch hoch

Radevormwald · Die 24 Mitarbeiter der Psychologischen Beratungsstelle Herbstmühle in Wipperfürth haben im vergangenen Jahr 1175 Familien unterstützt, darunter auch Betroffene aus Radevormwald. "Es ist erfreulich, dass mittlerweile immer mehr Jugendliche selbst den Weg zu uns suchen", sagt der langjährige Leiter Ansgar Nowak. "Die Schwelle, die es vor 30 oder 40 Jahren gab, ist nicht mehr da. Heute denken die Jugendlichen nicht mehr, dass nur ,Psychos' psychologische Beratung in Anspruch nehmen."

Radevormwald: Die Nachfrage von Familien nach Beratung ist immer noch hoch
Foto: Stephan Büllesbach

Die Gründe, warum Familien oder Jugendliche Hilfe suchen, sind unterschiedlich. Häufig geht es um familiäre Konflikte, besonders wenn sich Eltern trennen oder scheiden lassen. Entwicklungsauffälligkeiten und seelische Probleme der Kinder und Jugendlichen stehen auf dem zweiten Platz. "Viele fühlen sich im Klassengeschehen nicht wohl oder gemobbt. Oder haben Kummer wegen Freundschaften oder der ersten Liebe, die auseinandergegangen ist", erklärt Nowak.

An dritter Stelle stehen Eltern, die selbst Probleme haben oder sich bei der Erziehung unsicher sind. "Kinder und Jugendliche sind sehr sensibel. Sie bekommen das natürlich mit", sagt Nowak. Immer häufiger suchten auch sogenannte Multiproblemfamilien Hilfe. Bei diesen hat zum Beispiel mehr als ein Familienmitglied Probleme, oder sie haben mit Gewalt, Drogen oder Armut zu tun.

Auch Kinder und Jugendliche mit psychosomatischen Störungen kommen in die Beratungsstelle. "Sie leiden oft unter Bauch- oder Kopfschmerzen", sagt Nowak. Es gebe zudem Fälle von schwerem Mobbing und Selbstzerstörung. Auch Essstörungen seien immer noch ein großes Thema.

Mehr als 80 Prozent der neu Angemeldeten bekamen innerhalb von zwei Wochen einen ersten Beratungstermin. Drei Viertel der Familien, die beraten wurden, nahmen einen bis fünf Termine in Anspruch. "Wir wollen insoweit helfen, dass sie ihre Probleme selbstständig angehen können", unterstreicht Nowak. Nach zwei, drei Jahren kommen die Familien oft wieder - mit neuen Fragestellungen. "Das bedeutet ja auch, dass sie mit uns gute Erfahrungen gemacht haben", stellt Nowak fest. Nur ein Viertel der Beratungsfälle braucht wegen schwerer oder komplexer Störungen längere Beratungszeiträume.

"Insgesamt hat die Nachfrage nach psychologischer Beratung in der Vergangenheit stark zugenommen. Seit drei Jahren bleibt sie nun auf gleich hohem Niveau", sagt Nowak. Das liege vielleicht auch daran, dass das Erziehungsgeschäft ein Stück schwieriger geworden sei: "Eltern haben unglaublich hohe Ansprüche und unglaublich viele Fragen."

(eler)
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