Gregor Wulf Die Talsperre funktioniert wie eine Badewanne

Radevormwald · Insgesamt 14 Talsperren liegen in der Verantwortung des Wupperverbandes. Einen Einblick in die Arbeit des Verbandes gibt ihr Vorstand Gregor Wulf.

 Die Vorsperre der Großen Dhünn-Talsperre fällt ebenfalls in das Aufgabengebiet von Gregor Wulf und seinen Kollegen vom Wupperverband.

Die Vorsperre der Großen Dhünn-Talsperre fällt ebenfalls in das Aufgabengebiet von Gregor Wulf und seinen Kollegen vom Wupperverband.

Foto: Teifel / Weitzdörfer

Bergisches Land Gregor Wulf ist seit 2014 Vorstand des Wupperverbandes. Im Interview spricht der 60-Jährige über die Bedeutung der Talsperren für das Bergische Land, die Aufgaben des Verbands, Projekte und seine Liebling-Talsperren.

Herr Wulf, in welchem Jahr und mit welchem Ziel wurde der Wupperverband gegründet?

Wulf Im Jahr 1930, also vor 87 Jahren. Der Wupperverband ist in NRW ja nicht er einzige Wasserwirtschaftsverband. Die Grundidee war aber bei allen die gleiche: Man wollte eine Organisation haben, die sich in einem jeweiligen Einzugsgebiet - in diesem Fall der Wupper - kommunenübergreifend um wasserwirtschaftliche Fragen kümmert.

Können Sie seine Aufgabengebiete skizzieren?

Wulf In Folge der Industrialisierung und des damit einhergehenden Bevölkerungswachstums waren erste wasserwirtschaftliche Probleme aufgetreten, etwa die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Auch Fabriken brauchten Wasser für die Produktion, und es gab keine vernünftige Abwasserreinigung. Dafür aber immer öfter massive Hochwasserschäden durch die flussnahe Bebauung. Das war die Gemengelage damals. Heute hat sich das ein bisschen verändert: Gerade die Ansprüche an die Wassergüte sind heute weit höher. Damals war die Wupper ja praktisch tot, und der Fluss sollte wieder zum Lebensraum für Organismen werden. In den 1980ern wurden diese Bemühungen noch einmal deutlich verstärkt betrieben. Damals sind dann auch noch die Große Dhünn-Talsperre und die Wupper-Talsperre entstanden. Heute sind die Aufgaben Hochwasserschutz, Trinkwasserbereitstellung, Abwasserreinigung und Gewässerentwicklung.

Welche Rolle spielt denn beim Wupperverband die namengebende Wupper?

Wulf Wir sind nicht an politischen Grenzen orientiert. Der Wupperverband ist für das Einzugsgebiet rund um die Wupper zuständig. So gibt es auch Kommunen, die in mehreren Verbandsgebieten liegen. Solingen ist zum Beispiel sowohl im Wupperverband als auch im Bergisch-Rheinischen Wasserverband.

Aus welchen Organen setzt sich der Wupperverband denn eigentlich zusammen?

Wulf Wir sind ähnlich organisiert wie eine Aktiengesellschaft. Es gibt eine Verbandsversammlung mit Vertretern der Gruppe, deren Mitglieder die Verbandsarbeit mit ihren Beiträgen bezahlen. Dann gibt es den Verbandsrat, der die Aufsichtsratsfunktion übernimmt, und den Vorstand, der die Geschäfte führt.

Können Sie kurz aktuelle Projekte des Wupperverbands benennen?

Wulf Zwei große Themen sind die Umsetzung der EU-Wasserrichtlinie sowie die Renaturierung der Wupper, vor allem im Stadtgebiet Wuppertal. Letzteres wollen wir bis 2025 gemeinsam mit der Stadt Wuppertal zum großen Teil umgesetzt haben. Im landwirtschaftlich sehr stark beanspruchten Bereich Hückeswagen-Wipperfürth-Marienheide gibt es ebenfalls ein sehr schönes Projekt. Wir wollen Kooperationsprojekte mit den Landwirten starten, um dem Fluss den Raum zu geben, den er natürlich braucht. Außerdem steht die Sanierung der Herbringhauser Staumauer kurz vor ihrem Abschluss. Auch das war ein großes Projekt.

Was genau ist eine Talsperre?

Wulf Eine Talsperre ist nichts anderes als ein Wasserspeicher. Sie funktioniert im Grunde wie eine Badewanne. Es gibt oben einen Wasserüberlauf und unten einen Stöpsel. Damit kann entweder Wasser zurückgehalten, also Hochwasserschutz betrieben werden, oder bei Niedrigwasser gezielt Wasser in den Fluss eingeleitet werden.

Und warum hat man die künstlichen Seen damals angelegt?

Wulf Die ersten Talsperren, etwa die Brucher-Talsperre und die Lingese-Talsperre, wurden gebaut, um Strom für Unternehmen zu gewinnen. Auch ging es darum, genügend Wasser für die Produktion bereitzuhalten. Nicht zuletzt war die Trinkwasserversorgung ein wichtiges Motiv, die Eschbach-Talsperre war beispielsweise die erste Trinkwassertalsperre Deutschlands.

Für wie viele Talsperren ist der Wupperverband zuständig?

Wulf Insgesamt für 14 Talsperren, zwölf davon sind unsere eigenen, zwei betreiben wir im Auftrag der EWR GmbH, dem Energie-und-Wasserversorger. Das Gebiet geht von Marienheide, dem Wupper-Ursprung, bis Leverkusen, wo die Wupper in den Rhein mündet.

Was genau sind da heute die Aufgaben?

Wulf Vor allem müssen die Steuerungseinrichtungen auf dem neuesten Stand gehalten werden. Heutzutage läuft das ja nicht mehr mittels einer Kurbel, die jemand dreht, sondern alles läuft computergesteuert. Die Talsperren müssen auch regelmäßig vermessen werden. Man kann eine Talsperre ja nicht sich selbst überlassen. Dann müssen die Staumauern regelmäßig überprüft werden, die Wasserqualität ebenfalls.

Gab es schon vor der Gründung des Wupperverbands Talsperren?

Wulf Ja, bereits um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert wurden die ersten Talsperren gebaut. Nach einer längeren Pause kam dann in den 1930er-Jahren die Bever-Talsperre dazu. Die großen Bauprojekte Große Dhünn-Talsperre und Wupper-Talsperre kamen dann in den 1980er-Jahren dazu. Wir sind diesbezüglich auch ausreichend aufgestellt. Es gibt jedenfalls derzeit keine Pläne noch eine weitere Talsperre anzulegen.

Wie aufwendig ist die Instandhaltung der Talsperren?

Wulf Es ist ein kontinuierlicher Prozess, man muss ständig dranbleiben. Das hat auch was mit dem Alter der Talsperren zu tun. Gerade die Steuerungstechniken entwickeln sich ständig weiter. Die Mauern sind dagegen nicht so ein Problem, sie müssen alle paar Jahrzehnte mal erneuert werden. Aber auch da muss man dranbleiben, um durch rechtzeitiges Eingreifen größeren Schäden vorzubeugen.

Einige der Talsperren sind Naherholungsziele, andere Naturschutzgebiete. Gibt es hier einen Spagat zu meistern?

Wulf Nein. Denn wir wollen auch die Trinkwassertalsperren erlebbar machen, beispielsweise durch Tage der offenen Tür. Da soll auf der einen Seite die Schönheit der Natur ebenso vermittelt werden, wie auf der anderen Seite deren Schutzbedarf. Wenn man rund um die Talsperren die Möglichkeit des sanften Tourismus schafft, dann funktioniert das Miteinander auch wunderbar.

Gehen Sie selbst auch zur Erholung an die Talsperren?

Wulf Ja, ich gehe immer wieder zum Schwimmen in der Bever-Talsperre. Fantastisch ist es auch, auf der Wupper-Talsperre mit dem Kajak zu paddeln. Sie hat eine Atmosphäre wie ein Fjord und das ist gerade im Sommer wunderschön.

Haben Sie eine Lieblingstalsperre?

Wulf Landschaftlich gefällt mir die Große Dhünn-Talsperre besonders gut. Auch die Bever-Talsperre ist eine wunderschöne Talsperre mit meist recht hohem Wasserstand. Es gibt auch noch ein Kleinod, die Schevelinger- oder auch Silber-Talsperre, die kaum bekannt ist. Rein vom Bau her betrachtet finde ich hingegen die alten Talsperren, die Bruchsteinmauern haben, am schönsten.

WOLFGANG WEITZDÖRFER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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