Radevormwald Dr. Henning Scherf: "Einsamkeit ist die größte Gefahr im Alter"

Radevormwald · Ganz der volksnahe Politiker, der er lange Jahre in der Freien Hansestadt Bremen gewesen ist, begab sich Dr. Henning Scherf vor seinem Auftritt in Hückeswagen erst einmal ins Publikum. Ins Heimatmuseum waren 30 Zuhörer gekommen, um seinen Vortrag zum Thema "Gemeinsam statt einsam - warum Jung und Alt zusammengehören" zu hören. Und jeder wurde von dem SPD-Politiker Scherf per Handschlag begrüßt.

 Dr. Henning Scherf sprach in Hückeswagen über das Alter.

Dr. Henning Scherf sprach in Hückeswagen über das Alter.

Foto: wow

Eingeladen hatte die Diakonie Fachstelle Sucht im Rahmen der Aktionswochen "Sucht hat immer eine Geschichte". Um dieses Thema ging in den gut zwei Stunden indes nur am Rande. Auch wenn Bürgermeister Dietmar Persian in seiner kurzen Begrüßung anmerkte, dass "Sucht auch im Alter eine Rolle spielt und es keineswegs ein Thema ist, das nur junge Menschen betrifft". Im Vordergrund standen jedoch Scherfs alternatives Wohnkonzept im Alter und seine Überzeugung, wie wichtig ein Miteinander der Generationen ist. "Es gibt keine größere und wichtigere globale Veränderung als den demografischen Wandel", sagte Scherf. Und der Bremer weiß, wovon er spricht: Seit 1987 lebt er in einer Wohngemeinschaft. Nachdem die Kinder aus dem Haus waren - "und auch nicht nach Bremen zurückkommen wollten" -, suchte er sich mit seiner Frau Gleichgesinnte und eröffnete eine WG in der Bremer Innenstadt. "Das ist meine Ersatzfamilie", sagte Scherf. Für ihn sei diese Wohnform zukunftsweisend in einer immer älter werdenden Gesellschaft. "Die Hälfte der Wohnungen in Deutschland wird von alleinstehenden Menschen bewohnt - Kinder aus dem Haus, Partner auf dem Friedhof, man bleibt alleine zurück", sagte Scherf.

Der 78-Jährige fügte an: "Alle reden immer von Demenz, Schlaganfall, Herzinfarkt oder Parkinson - die größte Gefahr im Alter ist aber die Einsamkeit." Hier kam dann auch kurz einmal der thematische Überbau "Sucht" zur Sprache: Scherf erzählte von einer älteren Frau aus Bremen, die sich in ihrer Einsamkeit "mit Schnaps und Langeweile" eingerichtet habe. "Sie wollte aber partout nicht in eine Einrichtung ziehen. Da habe ich ihr eine Familie aus dem Baltikum als Mitbewohner vermittelt", erzählte Scherf. Mit durchschlagendem Erfolg: "Sie sagte mir kürzlich noch, dass ich ihr Leben durch mein Beharren und meine Sturheit bestimmt um zehn Jahre verlängert hätte", sagte Scherf und lachte. Überhaupt sprühte der vor Vitalität und Leidenschaft.

Aber es war nicht nur das gemeinsame Älterwerden, das Scherf beschäftigte: "Inklusion ist ebenfalls ein wichtiges Thema - und das gilt nicht nur für Menschen mit Behinderung", sagte er. Daher sei es so gut und wichtig, dass der Gesetzgeber "dieses dumme Gesetz" getilgt habe, nach dem neben Senioreneinrichtungen keine Kindergärten untergebracht werden dürften.

Überhaupt war der Abend auch einer des Austauschs, so entstanden immer wieder rege Gespräche zwischen Scherf und den Zuhörern. Der Bremer Gast war sich am Ende sicher, seine Botschaft herübergebracht zu haben: "Positive Beispiele sind doch die beste Werbung, man muss die Menschen positiv verstärken", betonte er.

(RP)
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