Radevormwald Ein Klassentreffen 70 Jahre nach dem Realschulabschluss

Radevormwald · Der Kreis ist überschaubar. Neun freie Plätze an dem festlich gedeckten Tisch im Restaurant Landhaus Önkfeld werden am Samstagvormittag schnell eingenommen. Otto Friedrich Cords nimmt vor Kopf Platz und beobachtet seine ehemaligen Mitschüler mit erkennbarem Genuss. "Bitte setzen", scherzt er im Lehrertonfall, so wie er vermutlich einst täglich zu Beginn der Unterrichtsstunde geklungen haben muss.

 Die Teilnehmer des Klassentreffens (Die Frauen mit ihren Mädchennamen): Rachel Welz, Ruth Ambrock,Edith Gilsbach, Erika Sieker, Elisabeth Schmidt, Ingrid Junker, Arnold Roesig, Hans Gert Moenich, Otto Cords. Meuter

Die Teilnehmer des Klassentreffens (Die Frauen mit ihren Mädchennamen): Rachel Welz, Ruth Ambrock,Edith Gilsbach, Erika Sieker, Elisabeth Schmidt, Ingrid Junker, Arnold Roesig, Hans Gert Moenich, Otto Cords. Meuter

Foto: Meuter Peter

Doch diese Szene ist dem Mitorganisator des Klassentreffens sicher nicht fremd. Als Realsschulpädagoge und Leiter hat er vermutlich selbst unzählige Male vor einer Klasse gestanden und seine Schüler zum Platznehmen aufgefordert. "Schön, dass ihr alle gekommen seit", freut er sich. Ebenso zeigt auch Elisabeth Kleinschmidt, geborene Schmidt, ihre gute Laune. "Alle neun, die sich zum Treffen angemeldet haben, sind auch gekommen", sagt sie. Schnell zeigt sich die kleine Schülergemeinschaft vertraut miteinander. Munter wird drauf los geplaudert und schnell die Zeit vergessen. "Wir waren damals 34 Schüler und Schülerinnen in der Abschlussklasse", erzählt Kleinschmidt. Sie sammelte über die Jahre die Anschriften aller Mitschüler und machte sich auch jeweils für die Klassentreffen in Abständen von jeweils fünf Jahren stark. Aus der großen Klasse konnte sie noch insgesamt 16 einladen, viele ehemalige Mitschüler seien verstorben.

Am Samstag kamen alle aus Radevormwald und naher Umgebung zum Treffen. Die Schüler, die eine längere Anreise hätten aufnehmen müssen, sagten gleich ab. "Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten. Aber wir können uns alle noch gut an viele Begebenheiten erinnern", so Cords. Er habe sich nie vorstellen können, in seiner Schule später auch einmal als Lehrer ein und aus zu gehen. "Wie das Leben so spielt", sagt er und muss gleich lachen. "Was waren wir doch für eine tolle Klasse. Wir haben viel Spaß miteinander gehabt, auch wenn wir damals noch keine Ausflüge kannten", erzählt er.

Lehrer Hans Germud habe dafür gesorgt, dass die damals angehenden Abschlussschüler sich die Fabriken der Stadt und auch das Röntgen-Museum ansehen konnten. "Damals arbeiteten noch 2000 Menschen in den Textilfabriken an der Wupper", so Cords. Die lange Schulzeit sei in den Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit äußerst beschwerlich gewesen. Die Schüler erinnerten sich am Samstag gemeinsam an die Schulspeisung für Kinder, an den Hunger und auch den beschwerlichen Weg zur Schule. "Die meisten kamen zu Fuß, bei Wind und Wetter", so Cords.

Schüler Arnold Rüsing kam täglich mit dem Rad von Remlingrade über die vielen Anhöhungen. Ein Bus sei nur unregelmäßig gefahren. Mittags mussten die Schüler sehen, wie sie nach Hause kamen. "Wir hatten sogar Schüler aus Beyenburg", erzäht Cords. Darunter Edith Ulrich, geborene Gilsbach. Sie kam am Samstag zum Treffen und erinnerte sich an die vielen Stunden, in denen die Kinder damals Käfer von den Kartoffelfeldern während des Unterrichtes absammeln mussten, um die Kartoffelernten zu schonen. Plötzlich fällt Erika Höhmann der Tanzkursus ein, den einige ältere Jungen der Klasse in der Gaststätte Becker in Bergerhof organisiert hatten. "Die Teilnahme war natürlich sehr geheimnisvoll. Die Schule durfte von diesem kleinen Spaß für uns Heranwachsende nicht wissen", sagt Erika Höhmann.

(sig)
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