Festnahmen in Bayern: Spione sollen für Russland US-Einrichtungen ausgespäht haben
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Radevormwald Eltern versagen, Kinder leiden, keiner ist schuldig - Freispruch

Radevormwald · Erschütternde Einblicke in ein zerrüttetes Familienleben mit leidenden Kindern gab es vor dem Amtsgericht Wipperfürth. Mit einer schönen Kindheit hat das nicht ansatzweise etwas zu tun, was zwei heute neun und elf Jahre alte Geschwisterkinder aus Rade über die meiste Zeit ihres jungen Lebens durchlitten. Zu Hause erlebten sie Gewalt, wurden eingesperrt, der Ehekrieg der zerstrittenen Eltern belastete die kleine Tochter und den Bruder schwer.

Nach der Scheidung wurde es nicht besser. Mal lebten die Kinder bei der damit überforderten Mutter, dann von 2013 bis 2014 beim Vater in Rade. Und wieder kam es zu traumatischen Erlebnissen für beide. Der Vater hatte sich nun vor Gericht zu verantworten. Die Anklage legte dem 37-jährigen Rader grobe Verletzung der Fürsorgepflicht zur Last.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hatte der Mann eine schnelle Aufklärung von Vorfällen verhindert, die zu weiteren psychischen Belastungen seiner Kinder führten. Konkret ging es um den schweren Vorwurf des sexuellen Missbrauchs des Mädchens und des Jungen durch zwei Freunde des Angeklagten. Der Rader hatte diese Freunde hin und wieder gebeten, auf seine damals noch kleinen Kinder aufzupassen, wenn er nicht zu Hause war. Der eine soll bei einer solchen Gelegenheit die Tochter sexuell missbraucht haben, der andere den Sohn. Die Tochter offenbarte sich ihrer Mutter, das Jugendamt wurde eingeschaltet. Der Sohn erzählte seinem Vater Anfang 2014 vom Missbrauch. Der Mann hielt das Gespräch in einer Video-Audio-Datei fest.

Sonst unternahm der heute 37-Jährige nichts, außer unverbindlich mit einer Anwältin zu reden - und genau darum ging es im Prozess. Weder erstattete er Strafanzeige gegen den Freund, noch informierte er das Jugendamt. Auch bei der Kinderschutz-Ambulanz in Remscheid, wo durch Intervention des Jugendamtes die Kinder wegen ihrer psychischen Störungen therapiert wurden, sagte der Vater nichts von dem, was der Sohn ihm anvertraut hatte.

Das kam erst beim Abschlussgespräch dort rund ein halbes Jahr später aufs Tapet. "Das hat uns schon irritiert", sagte ein als Zeuge Mitarbeiter der Einrichtung aus. Sicher sei, dass die Kinder emotional Schaden davongetragen hätten. "Wenn so etwas Schlimmes passiert, muss man doch als Vater etwas tun", hielt der Richter dem Angeklagten vor. Antwort des Vaters: "Es ist ja gar nicht erwiesen, dass etwas passiert ist. Ich maße mir nicht an, das zu beurteilen." Sein Sohn sei schon lange zuvor verhaltensauffällig und psychisch gestört, deshalb auch das Jugendamt involviert gewesen. Glaubte er dem Sohn nicht und unternahm deshalb nichts, um das Geschehene aufzuklären? Im gesamten Strafverfahren blieb diese Frage offen. Auch die redseligen Darstellungen des Angeklagten zu seiner Rechtfertigung brachten kein Licht ins Dunkel.

Am Ende des Strafprozesses reichten die Indizien nicht für eine Verurteilung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht durch Unterlassung. Ohne die weiteren Zeugen vom Jugendamt zu hören, wurde das Verfahren gegen den Radevormwalder auf Kosten der Staatskasse eingestellt.

Die Kinder leben heute fernab von Rade in einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung, wo sie intensiv psychologisch betreut werden. Der Vater darf sie einmal im Monat für zwei Stunden sehen.

(RP)
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