Radevormwald Experimentelle Chormusik in St. Marien

Radevormwald · Einen neuen Zugang zur Kirchenmusik sollte der Workshop "Pfingstfeuer - Zungenfeuer" eröffnen. Über 80 Teilnehmer wirkten mit.

 Mit neuen Mitteln leiteten Jazzsängerin Alexandra Neumann (li) und Musiker Bernhard König den gemeinsamen Chor der Gemeinde St. Marien an.

Mit neuen Mitteln leiteten Jazzsängerin Alexandra Neumann (li) und Musiker Bernhard König den gemeinsamen Chor der Gemeinde St. Marien an.

Foto: Nico Hertgen

Als Regionalkantor hat Bernhard Nick die Aufgabe die Kirchenmusik im Oberbergischen Kreis in all ihren Facetten zu fördern und die Chöre des Kreises zusammenzuführen. Das ist ihm am Wochenende mit dem Chorworkshop "Pfingstfeuer - Zungenfeuer" gelungen, an dem über 80 Teilnehmer mitarbeiteten. Im Mittelpunkt des Workshops stand nicht das Ergebnis, das die Sänger Samstagabend in der St. Marienkirche vortrugen, sondern der Prozess. Die Musiker Bernhard König und Alexandra Neumann erarbeiteten die Psalme und Kirchenmusik mit ganz neuen Mitteln.

"Hier im Bergischen ist experimentelle Chormusik noch nicht wirklich angekommen. Dieser Workshop soll das verändern und den Sängern und Chorleitern einen neuen Zugang zu Kirchenmusik eröffnen", sagte Nick. Um diese neue andere Art der Kirchenmusik zu vermitteln, hatte er Bernhard König und Alexandra Neumann nach Radevormwald geholt. "Sie sind Experten auf diesem Gebiet und werden uns sicherlich viel beibringen." Die Rahmenbedingungen, welche die Sänger aus ihrer alltäglichen Chorarbeit kennen, ersetzen die Profis durch ganz neue Spielregeln. Experimentelle Chormusik bedeutet nämlich in erster Linie ein gemeinsames Erarbeiten von Liedern. "Die Chorleiter sollen sich heute zurückhalten und nicht alles vorgeben. Phasenweise lassen wir auch den Dirigenten weg, die Teilnehmer müssen ihren Einsatz selber finden und sollen Vorschläge einbringen, wie wir ein Lied singen und es uns erarbeiten", sagte Alexandra Neumann.

Die Jazzsängerin will mit dieser Methode die Eigeninitiative und Kreativität der Sänger fördern. "Die Herausforderung liegt nicht nur in der kompositorischen Eigenverantwortung, sondern auch darin, in kurzer Zeit einen klanglichen Zusammenhang zu entwickeln. Schön ist, dass heute ökumenische Christen auf menschlicher Ebene zusammenfinden und gemeinsam ihre Grenzen ausloten", sagte Neumann. Sie war froh darüber, dass ihre Methode nach kurzer Verwirrung freudig und lustvoll von allen Teilnehmern aufgenommen wurde. "Wir müssen einander in der Energie und Lautstärke folgen. Das setzt viel Aufmerksamkeit seinen Mitmenschen gegenüber voraus", sagte Pianist Bernhard König während der Probe. Rita Korten und Thomas Wibbels singen normalerweise in dem gemischten Chor St. Marien. Unter der Chorleitung von Bernhard Nick singen sie nach klaren Vorgaben.

"Heute ist unsere eigene Kreativität gefragt. Wir haben uns alle voll darauf eingelassen und deswegen funktioniert es", sagte Wibbles. Ob man die experimentelle Chormusik in den Alltag eines Chores integrieren kann, wissen die beiden nicht. "Wir arbeiten auf ein klares Ziel hin und müssen deswegen schnell und effektiv arbeiten. Dafür sind klare Vorgaben durch den Chorleiter hilfreich", sagte Korten. Die ausgeprägte Gruppendynamik könne laut Wibbels im Alltag aufhalten. "Trotzdem haben wir heute viel über Musik und gemeinsames Musizieren gelernt", sagte der Sänger des gemischten Chores.

Die Erarbeitung des Gottesdienstes ist den Teilnehmern aber reibungslos gelungen. Die Workshopmusiker zeigten ihr Können am Pfingstsamstag in der St. Marienkirche und begeisterten damit ihre Zuhörer und sich selber. "Der Gottesdienst hat die Teilnehmer berührt, weil der Projektchor eine eindringliche musikalische Sprache entwickelt hat. Die Gemeinde war sehr aufgeschlossen", sagte Kantor Nick nach dem Gottesdienst.

(RP)
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