Radevormwald Freude am Glauben wiederentdecken

Radevormwald · Liturgisch spricht die Katholische Kirche ab heute von den "40 Tagen vor Ostern". Der Begriff "Fastenzeit" hat sich aber als volkstümliche Bezeichnung durchgesetzt - Pfarrer Marc D. Klein: "Ernährung wird dabei zu einer neuen Religion".

Radevormwald: Freude am Glauben wiederentdecken
Foto: Moll Jürgen

Ab heute wird in vielen Haushalten wieder gefastet: kein Süßes, kein Alkohol, weniger Fett, weniger Fernsehkonsum, mehr Sport. "Dabei sprechen wir liturgisch nur von den 40 Tagen vor Ostern", sagt Pfarrer Marc D. Klein vom katholischen Seelsorgeverband Radevormwald-Hückeswagen. Aus dieser Sichtweise sei über die Jahrhunderte die österliche Bußzeit geworden und schließlich die Fastenzeit als volkstümliche Bezeichnung, die sich bei den Bürgern so durchgesetzt hat. Die evangelischen Christen sprechen von der Passionszeit.

"Bei den Katholiken rückte der volkstümliche Begriff Fastenzeit in den Mittelpunkt, und so kam es, dass im Mittelalter Fleisch verboten war, Fisch dagegen nicht", sagt Klein. Damals hätten die Menschen auf alles verzichtet, zumindest an den 40 Tagen zwischen Aschermittwoch und Karsamstag - ohne die Sonntage, die allerdings auch als Tage der Auferstehung bezeichnet werden, vom eigentlichen Fasten aber ausgeschlossen sind. "Früher wurde auf alles Tierische verzichtet, somit ernährten sich die Menschen vegan, was ja heute total chic ist und was die Fastenzeit früher meinte", sagt Klein. Der Pfarrer hat festgestellt, dass die Ernährung in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer neuen Religion wird. "Der Verzicht auf Kohlenhydrate oder der Kauf glutenfreier Produkte, obwohl keine Allergie vorliegt, zeigt aber auch, dass viele Menschen Angst haben, sich falsch zu ernähren. Das führt dazu, dass die einen fast nichts mehr essen und immer dünner werden und die anderen immer dicker: Die Extreme nehmen deutlich zu", warnt Klein. In der Fastenzeit sieht er durchaus eine Chance, wieder etwas mehr zum Normalmaß zurückzukehren. "Wir sollen uns ja an dem Schönen erfreuen, aber eben nicht gedankenlos", sagt er. "Wir sollen dankbar auf das schauen, was wir haben und die Fastenzeit nutzen als Zeit der Besinnung und als Zeit des Wert-Schätzens für das, was wir konsumieren." Verzicht könne helfen, Geist und Körper neu kennenzulernen. "Die Menschen sollen es nicht übertreiben und ein normales Maß finden, nicht ängstlich sein, nicht aus Angst leben, zumal der Verzicht ja auch anderen zugute kommen soll", sagt Klein. Die Not der anderen sehen - auch das solle in der Fastenzeit in den Fokus rücken. Die Menschen sollten sich wieder bewusster ins Licht der Nächstenliebe stellen.

Klein stellt verstärkt fest, dass die Fastenzeit für viele Menschen ein Thema ist - oft aber unabhängig von Religion und Ostern. "Das ist aber auch begründet, denn Jesus hat 40 Tage in der Wüste gefastet - eine Zeit der Vorbereitung, eine Zeit der Buße", sagt er. Das Motiv der Vorfreude und der Erlösung zu Ostern ist Klein sehr wichtig. Dass die Ernährung gerade auch in der Fastenzeit eine zentrale Rolle spielt, stört Klein nicht. Das sei der neue Blickwinkel. "Jeder soll für sich das geeignete finden. Der Verzicht auf Alkohol, Süßigkeiten oder fettes Essen kann helfen, um wieder bewusster zu leben", sagt er.

Und damit einhergehen könnten dann auch ein bewussterer Glaube und die österliche Hoffnung. Jede Religion kenne die Fastenzeit - als Zeit der Vorbereitung, in der es vor allem um Heilung gehe. "Und darum, die Freude am Glauben wieder zu entdecken", sagt Klein.

(RP)
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