Radevormwald Gericht fordert Gutachten über psychischen Zustand

Radevormwald · Keinen Schulabschluss, keine Ausbildung, keine Zukunftsperspektive: Ein trauriges Bild bot ein 20-jähriger Radevormwalder, der sich am Amtsgericht in Wipperfürth dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des Betrugs in zwei Fällen stellen musste. Schon mehrfach wurde er zur Verhandlung geladen. Erschienen war er nie. Nun hatte das Gericht ihn am frühen Morgen von der Polizei abholen lassen.

"Ich habe den Brief mit der Einladung nicht bekommen", beteuerte der junge Mann. Seine Mutter berichtete, dass ihr Sohn nur zu Hause vor dem Computer säße. Ihre Versuche, über eine Zeitarbeitsfirma einen Job für den 20-Jährigen zu bekommen, scheiterten an der Motivationslosigkeit ihres Sohnes. "Ich bekomme ihn morgens gar nicht wach", sagte sie hilflos. Von den in einer früheren Verhandlung auferlegten 40 Sozialstunden hatte der Rader innerhalb eines Jahres nur 30 abgeleistet. "Ich konnte einfach nicht", lautete seine Begründung.

Das Gericht musste sich Gedanken über das Strafmaß für drei Straftaten machen: Im November 2013 sprühte der Angeklagte einer anderen Person Pfefferspray in die Augen. Im November 2014 verkaufte er zweimal ein Playstation-Spiel für je 38 Euro über das Internet-Auktionshaus Ebay. Den Datenträger verschickte er jedoch nicht. "Ich hatte gar keine CD, sondern nur einen digitalen Code, der ist billiger", gab er kleinlaut zu. Seiner Meinung nach wären die Käufer nicht kooperativ gewesen, und hätten ihr Geld zurückverlangt, das er jedoch nicht erstattete. So viel Ignoranz und Ausreden wurden dem Richter zu viel. "Da haben wir doch den Betrug. Wir betreiben hier einen irrsinnigen Aufwand wegen drei Taten, und Sie erzählen uns solche Sachen."

Die Jugendgerichtshilfe hatte ebenfalls nichts Positives zu berichten. "Bei ihm wäre so langsam mal Eigeninitiative gefragt", sagte der Vertreter. Bisher sei keine aktive Mitwirkung erfolgt. Stattdessen berief sich der 20-Jährige auf eine Depression. "Eine Depression allein führt aber nicht dazu, dass man andere Leute mit Reizgas besprühen muss oder Leute im Internet betrügt", betonte der Staatsanwalt. Bei dem Angeklagten und der Mutter flossen Tränen der Hilflosigkeit. Dennoch leiteten Mutter und Sohn in der Vergangenheit keine Initiativen ein. Selbst ein Arztbesuch aufgrund der angenommenen Depression erfolgte nicht. "Wie viel Hilfe sollen wir Ihnen denn noch anbieten?", fragte der Richter.

Staatsanwalt und Richter einigten sich darauf, ein Gutachten über den psychischen Gesundheitszustand des Angeklagten erstellen zu lassen. "Entweder Sie machen hier eine große Schau und bekommen den Hintern nicht hoch, oder Sie sind krank", stellte der Richter fest.

(heka)
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