Radevormwald Gericht verurteilt einen Rechtsanwalt wegen Untreue

Radevormwald · Nach einem Schuldspruch geht es nun für einen Radevormwalder um seine Existenz. Der Jurist plädierte auf Freispruch will nun in die Berufung gehen.

Wegen Untreue hat das Amtsgericht Wipperfürth einen Radevormwalder zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Jurist, der sich in der Hauptverhandlung selbst verteidigte und auf Freispruch plädierte, will in die Berufung gehen. Der Prozess wird am Landgericht Köln fortgesetzt. In erster Instanz ging es um zwei Fälle. Der erste liegt fast drei Jahre zurück: 2015 hatte der Anwalt eine Radevormwalderin in familienrechtlichen Angelegenheiten vertreten. Vereinbart war, dass er für seine Mandantin eine Klageschrift einreichen sollte. Dafür verlangte der Anwalt einen Vorschuss, die Mandantin zahlte mehrere hundert Euro. Die Klageschrift ging aber nie beim Amtsgericht ein.

Schwerer wog der zweite Fall, den die Anklage dem Anwalt zur Last legte. Diesmal ging es um eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung: 2016 hatte sich eine Radevormwalderin an den Juristen gewendet, nachdem sie vom Arbeitgeber die Kündigung erhalten hatte. Vor dem Arbeitsgericht, wo der Anwalt die Frau vertrat, wurde ein Vergleich geschlossen, mit dem der Raderin eine Abfindung zugesprochen wurde. Ihr ehemaliger Arbeitgeber zahlte über 8000 Euro. Das Geld ging auf ein Konto ihres Anwaltes. Bis heute hat die Frau keinen Euro davon gesehen. Deswegen läuft inzwischen auch ein zivilrechtliches Verfahren gegen den Rechtsanwalt.

Im Strafverfahren unterstrich er, dass das Geld auf ein "Anderkonto" geflossen sei, wie auch andere Fremdgelder von Mandanten. Privat habe er es nie genutzt. Dazu passte es nicht, dass diverse Discounter mehrfach Summen davon abgebucht hatten, wie der Richter dem Angeklagten vorhielt. Der räumte ein, dass auch "Bürobedarf" von dem Konto bezahlt worden sei. Wie auch immer: Das "Anderkonto" war um fast 30.000 Euro im Minus, als die Abfindung darauf eingezahlt wurde. Damit war das Überziehungslimit erreicht. Vorhalt des Richters: "Sie haben das Geld der Mandantin genutzt, um unter diesem Limit zu bleiben. Es sieht so aus, als seien Sie finanziell stark in der Bredouille gewesen. Auf einem Anderkonto verwalten Sie Fremdgelder, das muss immer im Plus sein, was es bei Ihnen schon lange nicht mehr war."

Der Anwalt, der nicht vorbestraft ist, bestritt die finanzielle Misere: "Ich hatte und habe Vermögen, auch Grundvermögen, das allerdings auf meine Frau geschrieben ist." Jedenfalls sei er in der Lage gewesen, das Konto aus eigenen Mitteln jederzeit auszugleichen. Das Geld der Mandantin habe er zurückgehalten, weil sie über ihn noch andere Prozesse habe anstrengen wollen, er also weiter für sie tätig gewesen sei und Sorge gehabt habe, dafür später sein Geld nicht zu bekommen. Die als Zeugin geladene Ex-Mandantin schilderte es anders: Immer wieder habe sie versucht, den Anwalt zu erreichen, um ihre Abfindung zu bekommen. Er sei weder telefonisch noch persönlich zu sprechen gewesen. Seine Mitarbeiterinnen hätten sie "abgewimmelt". Der Angeklagte bestätigte, dass es in seiner Kanzlei nicht gut lief. Er selbst habe oft im Krankenhaus gelegen und kaum noch arbeiten können. "Ich war halbtot und musste mich bei der Büroorganisation auf meine Damen verlassen."

Wie die Staatsanwaltschaft sah auch der Strafrichter den Tatvorwurf der Untreue als erwiesen an. Den ersten Fall stellte er mit Blick auf den schwerer wiegenden zweiten ein. Dafür verurteilte er den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 4800 Euro (80 Tagessätze zu 60 Euro). Die Verurteilung, gegen die er nun vor dem Landgericht angehen will, trifft den Juristen schwer: Die Anwaltskammer wird prüfen, ob der seit Jahrzehnten als Rechtsanwalt tätige Mann seine Zulassung behält. Für ihn geht es um die berufliche Existenz.

(bn)
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