Radevormwald Gira will Pflege und Beruf miteinander vereinbaren

Radevormwald · Es sind gerade mittelständische Unternehmen, die Lösungen für gesellschaftliche Entwicklungen und damit verbundene Probleme erarbeiten müssen, um ihren erfolgreichen Fortbestand sichern zu können. Das wurde jetzt beim Unternehmerfrühstück zur Frage "Wie kann man Arbeitnehmer dabei unterstützen, Pflege und Beruf zu vereinbaren?" in der Firma "Steintex" von Walter vom Stein in Wermelskirchen deutlich.

Eingeladen hatten das Kompetenzzentrum "Frau & Beruf" für die Region Köln und das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Köln. Knapp 50 Zuhörer waren gekommen. Eine Studie auf Basis von Befragungen saarländischer Unternehmen 2015 stellte Johannes Stein, der als Trainer und Berater zu Gesundheitsthemen arbeitet, vor. Sein Credo: "Das Wichtigste, wenn es um Pflege geht, ist Wissen!" Der selbstständige Berater betonte, dass die gesetzlichen Regelungen wie Pflegeunterstützungsgeld, Pflegezeit oder Familienpflegezeit noch nicht einmal "die halbe Miete" seien. "Zeit ist nicht alles, was ein betroffener Arbeitnehmer, der sich um einen Angehörigen kümmert, braucht. Pflege beginnt schleichend. Bis zur regelrechten Pflegebedürftigkeit passiert in einer Familie schon ganz viel." Ähnlich wie bei der Wohnungssuche oder bei der Kinderbetreuung müssten Unternehmen ihren Mitarbeitern Unterstützung anbieten. Nur so blieben die Angestellten und das Wissen in der Firma. Steins Studie zeigt, wie groß der Handlungsbedarf ist. "Zwei Drittel der Firmen sind nicht aktiv bei der Frage von Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. 21 Prozent machen überhaupt etwas."

Argumente für eine Aktivität der Unternehmen betrachtet Stein als wirtschaftlichen Faktor: "Die betrieblichen Folgekosten belaufen sich auf 19 Milliarden Euro, das sind etwa 14.000 Euro pro pflegendem Arbeitnehmer." Es ginge darum, Ausfallzeiten zu reduzieren, Wissen zu halten, plötzliche Zusammenbrüche durch die extreme Belastung zu vermeiden und der Firma einen Standortvorteil zu verschaffen, mit dem man auch Eigenwerbung betreiben könne.

Dieser Meinung schlossen sich Gastgeber Walter vom Stein, Lisa Kotthaus (Gira Radevormwald), Erhardt Riedesel (Abteilung Personal bei Steinco Wermelskirchen) und Jan Valenthon (Personalleiter Pflitsch in Hückeswagen) an. Alle betonten die soziale Verantwortung der Betriebe, die sich als Familienunternehmen verstünden, für die Region und ihre Menschen.

"Steinco" hat eine Kooperation mit der Diakonie und Sonderregelungen in einer Betriebsvereinbarung geschlossen. Bei Pflitsch gibt es zwei Mitarbeiter, die sich mit Fragen von Beruf und Familie befassen, um eine niederschwellige Kontaktaufnahme zu gewährleisten.

"Ich koordiniere kompetente Hilfe von außen. Wir wollen unsere Unterstützung für pflegende Mitarbeiter auf ein gleiches Level heben, wie unsere Unterstützung für Eltern, die bei uns arbeiten", sagte Lisa Kotthaus von Gira.

(RP)
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