Radevormwald Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge ist angelaufen

Radevormwald · Flüchtlinge willkommen zu heißen, das haben sich etwa 70 Rader Bürger auf die Fahne geschrieben. Sie trafen sich bei der Martini-Gemeinde, um sich zu informierten und über die Bedürfnisse der Flüchtlinge zu erkundigen. Da auch Betroffene anwesend waren, gab es einen direkten Austausch.

 Flüchtlinge und Helfer trafen sich im Gemeindehaus der Martini-Gemeinde mit Dr. Safi Hazzan (3.v.r.), um über Hilfe zu sprechen.

Flüchtlinge und Helfer trafen sich im Gemeindehaus der Martini-Gemeinde mit Dr. Safi Hazzan (3.v.r.), um über Hilfe zu sprechen.

Foto: Jürgen Moll

Als Referent und Dolmetscher hatte Pastor Johannes Dress den aus Syrien stammenden und in Remscheid praktizierenden Mediziner Dr. Safi Hazzan eingeladen.

Solidarität und Dankbarkeit waren im Saal der Martini-Gemeinde an der Ülfestraße deutlich zu spüren. Die Rader zeigten sich offen solidarisch, die anwesenden Flüchtlinge aus Syrien und Eritrea, für die bereits geleistete Arbeit und das gezeigte Engagement, sehr dankbar. Das rührte auch den syrischen Neurologen und Schmerztherapeuten Dr. Safi Hazzan. "Ich bin überwältigt von der Solidarität in Radevormwald, mit welcher Selbstverständlichkeit Sie sich den Fremden gegenüber solidarisch zeigen und ihre Hilfe anbieten. Ich bin sehr froh, heute unter ihnen zu sein." Der Mediziner, der seit Jahren im Bergischen lebt, aber auch über die Grenzen hinaus wirkt, hat im Laufe seiner Karriere auch Erfahrungen mit Patienten gemacht, die aus ihrer Heimat geflohen sind und über Jahre als Flüchtlinge unter uns leben. "Was bedeutet es überhaupt, Flüchtling zu sein?", fragte Hazzan die Anwesenden. "Wer einen Krieg erlebt hat, der weiß, wie elend das ist." Das Schlimmste seien nicht die möglichen physischen Kriegsverletzungen. Die Flüchtlinge seien traumatisiert. "Sie fliehen aus Angst, verlassen alles, was sie haben, nicht nur Materielles, oft auch Verwandte und Familie."

Viel schwerwiegender als der materielle Verlust, versicherte Hazzan, sei der ideelle, den die Flüchtlinge erleiden. "Sie verlieren ihre Würde. In ihrer Heimat waren sie jemand, hatten ein soziales Umfeld, Freunde, Nachbarn, Familie." Er deutete auf den gesenkten Kopf eines Flüchtlings. "In der Fremde kennen sie keinen. Sie fühlen sich wie ein Niemand und wissen nicht, was sie erwartet", sagte er.

Was die Flüchtlinge brauchen, sagte Hazzan, sei Zeit und Ruhe, um den psychischen Druck zu verarbeiten.

Bei der Frage, was sie noch benötigten, sagte einer der Flüchtlinge, dass zunächst das Lernen der Sprache das Wichtigste sei und danach Arbeit. Letzteres, erklärte ihnen Hazzan auf Arabisch, sei gesetzlich festgesetzt. Daran könnten die Rader nichts ändern. Sprachunterricht hingegen wird von der Martini-Gemeinde und der Volkshochschule angeboten, ebenso gibt es eine Sammelstelle für Möbel und Haushaltsgegenstände, die an die Flüchtlinge weitergereicht werden.

Auch Vanessa Adamek, direkte Nachbarin des Flüchtlingsheims an der Neustraße, bot Hilfe an: "Wann immer Sie etwas brauchen, können Sie klingeln." Die Helfer selbst äußerten den Wunsch nach einer Koordinierungsstelle. Die Rader Hilfsbörse stellte sich dafür zur Verfügung, doch auch mit der Stadt, sagte Pastor Dress, sollte der Kontakt diesbezüglich gesucht werden. Auch das angedachte Patenprogramm und ein Informationsabend werden noch mit der Stadtverwaltung organisiert.

Wer helfen möchte, sollte sich in der Martini-Gemeinde (Tel. 02195 8496) oder bei der Hilfsbörse (Tel. 02195 9277364) melden. Gut erhaltene Möbelstücke oder Haushaltsgegenstände, CD-Player und Fahrräder nimmt Hans Ottmann entgegen, Tel. 02195 5530.

(sebu)
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