Radevormwald Kein Baum ohne Kugeln und Lametta

Radevormwald · Weihnachten hat im Bergischen Land einen sehr hohen Stellenwert. Wie sich das Fest in den vergangenen 100 Jahren verändert hat - das verriet Kultur-wissenschaftlerin Petra Dittmar im Caritashaus.

Wann ist Weihnachten eigentlich zu diesem bunten und konsumorientierten Familienfest geworden, wie wir es heute kennen? Die Kulturwissenschaftlerin Petra Dittmar hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und die Entwicklung von Weihnachten im Bergischen Land erforscht. Dabei ist sie den Familienstrukturen bergischer Familien auf die Schliche gekommen. Die wichtigsten Schritte in der Entwicklung von Weihnachten teilte sie im Caritashaus unter dem Motto "Früher war mehr Lametta" mit. Auf Einladung des katholischen Pfarrgemeinderates im Seelsorgebereich Radevormwald und Hückeswagen präsentierte sie eine weihnachtliche Zeitreise.

"Früher war Weihnachten für alle Familien ein religiöses Fest. Davon haben sich die Bewohner des Bergischen Landes früh losgelöst und Weihnachten zum wichtigsten Familienfest des Jahres gemacht", sagte die Wissenschaftlerin. Heiligabend sei aber immer der emotionale Höhepunkt von Weihnachten geblieben. In den späten 1960er Jahren wurde Weihnachten nachweislich zum ersten Mal in Frage gestellt. "Der soziale Druck und der Einkaufsstress, der mit Weihnachten verbunden wird, hat Fragezeichen aufgeworfen", sagte sie. An dem Trend zu üppigen Geschenken, die der Unterhaltung dienen, ist auch das Bergische Land nicht vorbeigekommen. Während man sich bis zur Industrialisierung nützliche Alltagsgegenstände schenkte, kamen mit schnellen und günstigeren Produktionsweisen Spielzeuge unter den Weihnachtsbaum. Das belegt eine Anzeige in der Elberfelder Zeitung von 1800. "Das ist der erste Hinweis auf Werbung für Kinder-Spielware für Weihnachten, die wir für das Bergische Land finden konnten", sagte Petra Dittmar. Wer die Gaben zu den Kindern bringt, war nicht immer klar. In Radevormwald gab es sowohl den Weihnachtsmann als auch das Christkind.

"Aus meiner Kindheit kenne ich, dass das Christkind zu katholischen Familien kam. In evangelischen Familien wurde der Weihnachtsmann begrüßt", sagte Hans Joachim Harnischmacher vom Bergischen Geschichtsverein. Wie prunkvoll Weihnachten gefeiert wurde, lag damals noch stark am Wohlstand einer Familie. Einen Weihnachtsbaum hatten aber fast alle. Trotz geringer Löhne. "Die ersten Bäume wurden in der Region um 1860 aufgestellt. Der Schmuck war meistens aus Stroh oder Holz", sagte Petra Dittmar.

Auch dazu kannte Harnischmacher eine Anekdote: "Bäume zu klauen war in Rade verpönt und hat zum Ausschluss aus der Klassengemeinschaft geführt. Wir wussten alle ganz genau, wo unsere Bäume herkamen und haben als Schüler viel davon gesprochen." Ob selbst im Wald geschlagen oder bei einem befreundeten Händler gekauft - der Weihnachtsbaum ist seit knapp 200 Jahren Mittelpunkt des Weihnachtsfestes und entscheidendes Trendbarometer. An dem schillernden Weihnachtsschmuck erkennt man nämlich stets den Geschmack und die Modernität einer Familie. "Manche brauchen jedes Jahr neue Christbaumkugeln. Andere Familien sind traditionell und sammeln Familienstücke", sagte Dittmar.

Die Vorfreude auf Weihnachten ist aber jedes Jahr gleich groß.

(trei)
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