Radevormwald Märchen vom Nachtrunk überzeugt Richter nicht - Geldstrafe

Radevormwald · Wenn ein betrunkener Autofahrer von der Polizei gestoppt wird, ist der Fall klar und ein Strafverfahren wegen der Trunkenheitsfahrt samt Schuldspruch die quasi automatische Folge. Rechtlich komplizierter wird es, wenn der Fahrer erst nach Ende der Fahrt Besuch von der Polizei bekommt, weil zum Beispiel Zeugen ihn angezeigt haben.

Dann wird im Prozess gerne die Geschichte vom Nachtrunk erzählt. In eher seltenen Fällen ist sie nicht zu widerlegen, dann wird der Angeklagte freigesprochen. Anders sah das im Fall eines 57-jährigen Arbeiters aus Radevormwald aus, der vor dem Amtsgericht Wipperfürth verhandelt wurde - und mit einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Straßenverkehr endete.

An einem Freitagabend im September war der Mann nach der Spätschicht bei seinem Hückeswagener Arbeitgeber an einer Tankstelle an der Peterstraße vorgefahren und hatte dort zwei Flaschen Wodka gekauft. Die habe er in Vorfreude aufs Wochenende zu Hause trinken wollen, sagte er als Angeklagter aus. Das habe er dann auch getan, bevor nicht einmal eine Stunde nach dem Tank-Stopp in Hückeswagen die Polizei bei ihm auf der Matte stand. Ergebnis der Blutprobe: fast 2,9 Promille. Angesichts dieses hohen Wertes bezweifelte der Richter die Geschichte vom Nachtrunk: Selbst an Alkohol gewöhnte Menschen könnten sich unmöglich innerhalb von nicht einmal einer Stunde fast drei Promille antrinken, ohne umzufallen. Der 57-Jährige habe weder im Gespräch mit den Polizeibeamten noch später bei der Blutprobe im Krankenhaus die "typische Sturztrunk-Problematik" an den Tag gelegt. Betrunken umgekippt war er erst zu Hause. "Jeder Rechtsmediziner wird zu dem Schluss kommen, dass Sie schon getrunken hatten, bevor Sie sich nach der Arbeit ins Auto gesetzt haben und gefahren sind", sagte der Richter. Nach Rücksprache mit seinem Verteidiger legte der Angeklagte ein Geständnis ab. "Zwei oder drei Gläser" habe er schon vor der Fahrt getrunken, weil es in der Firma für ihn etwas zu feiern gegeben habe. Das sei ein Ausnahmefall gewesen, sonst trinke er nur sehr selten. Staatsanwalt und Richter sahen die Trunkenheitsfahrt als erwiesen an, wenn auch nicht mehr zu klären war, wie stark alkoholisiert der Mann hinterm Steuer gewesen war.

Das Urteil: 900 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze zu 30 Euro). Auf seinen Führerschein, den ihm die Polizei schon am Abend im September abgenommen hatte, muss der nicht vorbestrafte Radevormwalder noch weitere drei Monate verzichten.

Er nahm das Urteil an, es ist damit rechtskräftig.

(RP)
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