Radevormwald Motte berichtet über das Müllerhandwerk

Radevormwald · Die Schilder mit niedlichen Hündchen und dem Wortlaut "Wir müssen draußen bleiben" muss es in ähnlicher Form schon im 16. Jahrhundert gegeben haben. Damals bestimmte die Polizeiverordnung des Landes noch das tägliche Leben - auch in Radevormwald. In einem historischen Dokument aus jener Zeit ist etwa zu lesen, dass "Vieh keinen Zutritt zu einer Mühle habe". Diese und viele weitere Informationen über das Müllerhandwerk teilte Wolfgang Motte geschichtsinteressierten Menschen im Mehrzweckraum des Bürgerhauses mit. Die vielen Zuhörer konnten so das damalige Leben fast schon bildlich vor Augen sehen, derart präzise ließ Motte die Mühlen an den Bächen in der Bergstadt wieder arbeiten.

"Wir haben wunderschöne Dokumente aus dieser Zeit im Archiv der reformierten Kirchengemeinde", sagte der Pastor im Ruhestand. Es sei "alles über die kircheneigenen Mühlen sauber aufgezeichnet und sortiert worden". Rechnungen, Verträge und Kassenbücher seien Zeugen des damaligen Lebens, erzählte er. Weiter habe er in den vergangenen Jahren viel Stoff über die alten Mühlen in Radevormwald sammeln und dieses Wissen jetzt zu einem Referat verfassen können.

"Einige Orte tragen heute noch die Namen der damaligen Mühlen, wie 'Oberste Mühle' oder auch 'Leimholer Mühle'. Dass da einst wirklich Mühlen standen und mit Wasserkraft Getreide mahlten, wissen die wenigsten", sagte das Vorstandsmitglied des Bergischen Geschichtsvereins. Der Verein hatte zum Referat Mitglieder und Gäste eingeladen.

Der Vorsitzende Ulrich Haldenwang begrüßte die Besucher, bevor Motte in das Müllerhandwerk samt Mühlenstandorte einstieg. Er startete mit der polizeilichen Verordnung des Landes aus 1554, in der strenger Gehorsam und Treue von den Mühlenknechten gefordert wurden. Die Mühlenpächter hatten zur Auflage, das Korn sowie den Mahlpreis gerecht abzuwickeln, niemanden zu bevorzugen oder das Mehl zu vertauschen. Mahlwerk und Mühle mussten in sauberen Zustand gehalten werden, die Mahlsteine mit feinen Steinchen oder Sand gesäubert werden.

Motte legte in seinem Referat den Schwerpunkt auf drei Mühlen - die Oberste, die Unterste- sowie die Leimholer Mühle. Er berichtete von Rechnungen über den Transport der Mühlenräder per Schiff über den Rhein. "Man darf vermuten, dass die Mühlräder aus dem Siebengebirge stammten", sagte er. Jeder Teil des Transports sei in Unterlagen aus den Jahren 1512 und 1513 erläutert.

Aus den alten Unterlagen ist zudem zu erkennen, dass die Mühlen im Kirchenbesitz waren und ab 1512 das Getreide in Rade mahlten. Auch erzählen die alten Unterlagen darüber, dass Korn in jener Zeit auch als Vergütung diente. So erhielten Kirchmeister, Vikar, Pastor und Schulmeister neben Talern auch Roggenkorn für ihre Dienste. Selbst eine "Schützenbruderschaft" wickelte 1517 ein Pachtgeschäft nicht in barer Münze, sondern über Roggenkorn ab. 1609 wurden die Mühlen an die Stadt verpachtet.

Später ging Motte noch auf die Loh- und Walkmühlen im 18. Jahrhundert ein und erzählte vom alten Müllerhandwerk bis hin zum Familiennamen Müller.

(sig)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort