Thema Freundeskreis Rade Problem ist trotz Urteil noch nicht gelöst

Radevormwald · Experten der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Köln und des Radevormwalder Vereins "Runder Tisch gegen Rechts" begrüßen das Urteil gegen den "Freundeskreis Rade", sehen darin aber noch keine endgültige Lösung.

 Hendrik Puls von der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus aus Köln gab im Januar 2012 an der Wupper einen Überblick über die Vorkommnisse im Oberbergischen Kreis – darunter das Attackieren vermeintlich linker Jugendlicher, das Besprühen und Bekleben von Häusern, Schildern und Moscheen mit Parolen sowie der Überfall auf einen Kioskbesitzer in Dahlhausen im Jahre 2011.

Hendrik Puls von der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus aus Köln gab im Januar 2012 an der Wupper einen Überblick über die Vorkommnisse im Oberbergischen Kreis – darunter das Attackieren vermeintlich linker Jugendlicher, das Besprühen und Bekleben von Häusern, Schildern und Moscheen mit Parolen sowie der Überfall auf einen Kioskbesitzer in Dahlhausen im Jahre 2011.

Foto: hans dörner (archiv)

Experten im Kampf gegen den Rechtsextremismus waren sich nach dem Urteil einig: Mit der Verurteilung der Mitglieder des "Freundeskreises Rade" sei ein wichtiger Schritt gelungen. "Mit dem Urteil ist die klare Hoffnung verbunden, dass sich die Täter aufgrund ihrer Bewährungsstrafen zurückhalten", sagt Hendrik Puls von der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Köln. "Das Urteil bestätigt uns, dass wir den Freundeskreis Rade richtig eingeschätzt haben", sagt Michael Ruhland vom Verein "Runder Tisch gegen Rechts".

Vom Landgericht Köln wurden sechs Mitglieder der rechtsextremen Organisation, die nach einer Razzia im April 2012 als "Freundeskreis Rade" bekannt wurden, am Montag zu Haftstrafen verurteilt, einer der Angeklagten erhielt eine Geldstrafe. Während fünf der Strafen zur Bewährung ausgesetzt wurden, muss der Anführer für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Den Angeklagten konnte in der nichtöffentlich geführten Verhandlung nachgewiesen werden, eine "kriminelle Vereinigung" gebildet zu haben. Auch der Nachweis anderer, teils schwerer Straftaten wie Nötigung, Volksverhetzung, schwere Körperverletzung sowie offen zur Schau getragener Antisemitismus führten zur Verurteilung.

In den Augen der Experten ist das Urteil ein "großer Schritt in die richtige Richtung", das eigentliche Problem sei aber nicht gelöst. "Mehrere Angeklagte waren auch während des Prozesses nachweislich in der rechten Szene aktiv. Ich sehe das als klares Bekenntnis, dass man weitermachen wird", warnt Puls. Weil offensichtlich keine Distanzierung von der Szene erfolgt sei und auch das Gericht bestätigte, dass keiner der Männer Reue gezeigt habe, sei nicht davon auszugehen, dass das Problem mit dem Urteil behoben ist. "Die Täter leben weiter vor Ort. Mit weiteren Aktivitäten ist zu rechnen", bekräftigt Puls.

Mit Sorge beobachtet Ruhland die zunehmende Vernetzung rechter Gruppierungen. "Das kam auch in der Flugblattaktion vergangene Woche zum Ausdruck, als die Organisation ,Wacht am Rhein' aus Aachen Flyer in Rade verteilte", sagt Ruhland. Auch die rechte Szene aus Dortmund sei im Bergischen aktiv. "Es besteht die Gefahr, dass andere Gruppierungen die Lücke füllen, die der Freundeskreis Rade hinterlassen hat", sagt Puls. Auch die Polizei beobachtet die rechte Szene in Oberberg weiter sehr genau. Das Gedankengut sei mit dem Urteil nicht weggewischt, sagt Polizeisprecherin Monika Treutler. Die Polizei habe die Aktivitäten weiter genau im Blick — zum Beispiel auch die Aktivitäten im Internet. Zwar sei von der Gruppe "Freundeskreis Rade" seit deren Aushebung im April 2012 keine Aktivität mehr ausgegangen, die Szene sei aber weiter aktiv. So seien neben der "Wacht am Rhein" ebenso die "Freien Kräfte Oberberg", die bisher vornehmlich im Süden des Kreises und bis ins Siegerland aktiv waren, jetzt erstmalig auch in Rade tätig geworden und verteilten Flugblätter. Strafrechtlich relevante Aktionen habe es nicht gegeben, sagt Treutler. Unterdessen beobachtet die Mobile Beratungsstelle die überregionalen Entwicklungen in der rechten Szene mit größter Sorge. "Wir beobachten vermehrt, dass sich verbotene rechtsextreme Gruppierungen neu formieren", sagt Puls. Unter anderem geschehe das unter dem Deckmantel der Partei "Die Rechte", in der sich Neonazis zusammenschließen und versuchen, sich auf legalem Wege Einfluss in Politik und Bevölkerung zu verschaffen. "Die Gefahr ist klar gegeben, dass diese Partei auch in Rade Fuß fasst", sag Puls.

Polizei und Experten sind sich sicher, dass nur eine gezielte Arbeit mit den Jugendlichen zu einer langfristigen Problemlösung führen kann. Es gelte, die Straftäter aus dem rechten Milieu herauszubegleiten. Damit wird sich nach dem Urteil vor allem die Jugendgerichtshilfe befassen.

(RP)
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