Radevormwald Reul erwartet schmutzigen Wahlkampf

Radevormwald · Der EU-Parlamentarier erwartet ein spannendes politisches Jahr und freut sich über das gestiegene politische Interesse.

 Der Europaabgeordnete Herbert Reul aus Leichlingen blickt ins neue Jahr.

Der Europaabgeordnete Herbert Reul aus Leichlingen blickt ins neue Jahr.

Foto: Endermann

Es ist eine spannende Zeit. Und Herbert Reul fühlt sich etwa 35 Jahre zurückerinnert. "Es erinnert mich an die Zeit rund um den Nato-Doppelbeschluss", sagt der bergische EU-Parlamentarier. Damals gingen Proteste und Friedensbewegungen einher mit dem Votum für eine mögliche atomare Aufrüstung in Mitteleuropa. "Damals bist du aus der Kneipe geflogen, wenn du die falsche Meinung hattest", umschreibt es Reul - und lässt offen, ob er oder jemand anderes aus der Kneipe geflogen ist.

Ihm geht es auch vielmehr darum zu verdeutlichen, dass aktuell wieder ähnlich viele Menschen Interesse an der Politik haben wie zu Beginn der 80er Jahre. "Angesichts der vielen großen Herausforderungen macht es so viel Sinn wie lange nicht, Politik zu machen", sagt der 64-jährige Leiter der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, in dem er bereits 13 Jahre Mitglied ist, in seinem Ausblick aufs anstehende Jahr. Habe er vor zehn, zwölf Jahren mit seinen Vorträgen kaum jemand vom Sofa gelockt, drängten sich nun die Leute, um seine Meinung zu hören, um mit ihm zu diskutieren.

Banken- und Flüchtlingskrise sowie Terror und das mögliche Auseinanderdriften der Europäischen Union trieben viele Menschen Sorgenfalten auf die Stirn und in seine Veranstaltungen. So füllte zum Beispiel sein Vortrag über den Brexit im Juli das Bürgerhaus. "Es ist aber nicht meine persönliche Brillanz, die dafür gesorgt hat, sondern es ist die Verunsicherung und Beunruhigung vieler Bürger wegen der zahlreichen brisanten Themen", sagt Reul. Manchen treibt es dadurch gradewegs in die Arme der Populisten. Der Leichlinger sieht es als parteiübergreifende Aufgabe, diese Leute möglichst aufzuhalten oder sogar zurückzuholen. Sein Rezept: "Nicht der Stimmung nachgeben und auf schnelle Sprüche setzen, sondern standhaft bleiben, Rückgrat beweisen und klarmachen, dass es einfache Lösungen nicht gibt." Und: "Das beste Mittel gegen Populisten ist: Probleme lösen."

Wenn es um die Zukunft geht, glaubt Reul manches zu wissen ("Der Bundestagswahlkampf wird wohl sehr schmutzig"), einiges allerdings ist auch für ihn völlig ungewiss: Was vom designierten US-Präsidenten Donald Trump zu erwarten ist? "Ich weiß es nicht. Ob in den EU-Mitgliedsstaaten, dem Parlament oder der Kommission: Niemand kennt ihn." Wie der EU-Austritt der Briten vonstattengeht? "Es ist noch völlig offen, wie der Brexit abgewickelt wird und auch was danach kommt." Zerbricht Europa wieder in seine Einzelteile oder nicht? "Beides ist möglich. Ich würde keine Wette dazu abgeben. Aber immerhin hat es nach dem Brexit-Votum keinen Domino-Effekt gegeben. Stattdessen ist die Zustimmung zur EU in anderen Mitgliedsländern danach sogar gestiegen."

Etwas im Ungewissen lässt er auch die Länge seiner persönlichen Laufbahn. Das nächste EU-Parlament wird 2019 gewählt; vielleicht mit, vielleicht ohne Herbert Reul. "Mal sehen. Ich bin nicht mehr der Jüngste, aber ich mache meine Arbeit nach wie vor sehr gerne." Besonders in dieser spannenden Zeit.

(RP)
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