Radevormwald Sex-Streit im Schlafzimmer endet mit Freispruch vor Gericht

Radevormwald · Frau beschuldigt Ex-Freund der versuchten Vergewaltigung, doch im Prozess vorm Amtsgericht stand gestern Aussage gegen Aussage.

Es ist oft so bei Sexualstraftaten: Beschuldigte werden nicht verurteilt, weil ihnen im Strafverfahren keine Schuld nachgewiesen werden kann. An der angeklagten Tat waren eben meist nur zwei Menschen beteiligt, vor Gericht steht Aussage gegen Aussage. Dann gilt der Grundsatz des deutschen Strafrechts: Im Zweifel für den Angeklagten. Und das bedeutet Freispruch.

So war's auch im Fall eines 26-jährigen Radevormwalders, der sich gestern vor dem Schöffengericht in Wipperfürth zu verantworten hatte. Angeklagt war er wegen eines Verbrechens, der versuchten sexuellen Nötigung in einem besonders schweren Fall. An einem Abend im November 2016 soll er versucht haben, eine frühere Freundin zu vergewaltigen. Die heute 25-jährige Frau trat als Nebenklägerin auf.

Nach ihrer Darstellung, auf der die Anklageschrift basierte, war an dem Abend Folgendes geschehen: Die Leverkusenerin hatte den Ex-Freund, zu dem schon seit Längerem wieder Kontakt über Facebook und WhatsApp bestand, erstmals seit dem Ende der Beziehung in seiner Rader Wohnung besucht. Gemeinsam wollten sie essen, fernsehen und reden. Nach Bratkartoffeln, Leberkäse und Salat gingen beide aus der Küche in die Wohnräume des Mannes. Im Schlafzimmer soll er sie dann aufs Bett gestoßen, sie mit Handschellen aus seinem Sortiment an Sex-Spielzeug gefesselt, seine Hose heruntergelassen und Sex von ihr gefordert haben. Sie trat den Mann in den Unterleib, der krümmte sich vor Schmerzen, ihr gelang es, aus dem Haus zu laufen.

Dieser Version widersprach der gestern sehr redegewandt auftretende Mann. Er habe mit der früheren Freundin nur reden wollen. Das Abendessen sei harmonisch verlaufen. Danach sei die Frau ins Schlafzimmer gegangen und habe sich sein als Deko an den Wänden aufgehängtes "Spielzeug" wie Peitschen und eben auch Handfesseln angesehen. Man habe herumgealbert, sie selbst habe sich eine Fessel angelegt, "nur aus Spaß" habe er sie aufs Bett geschubst. Dann sei die Stimmung umgeschlagen, weil er eine andere Frau erwähnt habe, auf die die Ex-Freundin immer schon eifersüchtig gewesen sei. Sie sei ausgerastet und habe schreiend das Haus verlassen. Eine versuchte Vergewaltigung habe es nie gegeben. In der fünfstündigen Hauptverhandlung blieben sowohl der Angeklagte als auch die Nebenklägerin bei ihrer Version. Und damit blieb ungeklärt, was sich wirklich in der Wohnung abgespielt hatte. Nachdem seitenlange Chat-Verläufe aus Facebook-Protokollen verlesen worden waren, stand fest, dass beide schon lange vor dem ersten Wiedersehen in Kontakt miteinander gestanden und auch sehr intime Nachrichten ausgetauscht hatten. Unter anderem hatte die Frau dem Ex-Freund erotische Fotos zugesendet. Sie habe aber definitiv keinen Sex mehr mit ihm haben wollen, sagte sie aus. Das behauptete der Angeklagte auch von sich.

Wie glaubhaft welche Aussage war, ließ sich vor Gericht nicht klären: Beide verwickelten sich in Widersprüche zu dem, was sie bei früheren polizeilichen Vernehmungen gesagt hatten. Angesichts der schwierigen Beweislage plädierte die Staatsanwältin auf Freispruch aus Zweifelsgründen. Dem folgte das Schöffengericht. In der Urteilsbegründung sagte der Richter: "Auch nach dieser langen Verhandlung wissen wir nicht, was da bei Ihnen zu Hause wirklich passiert ist."

(bn)
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