Radevormwald Streit unter Kollegen endet vor dem Strafrichter

Radevormwald · Kollegen werden nicht zwingend zu Freunden, nur weil sie viele Stunden am Tag miteinander verbringen (müssen). Streitigkeiten am Arbeitsplatz kommen vor, manchmal werden sie zur Dauerfehde, die den Arbeitsalltag nicht nur für die Streithähne selbst, sondern für alle Kollegen im Umfeld belastet. Greift der Arbeitgeber nicht früh genug ein, kann es sein, dass sich die Kontrahenten irgendwann vor dem Arbeitsgericht treffen. Eher selten ist es dagegen, dass der Strafrichter angerufen wird. Am Amtsgericht in Wipperfürth war das nun der Fall. Angeklagt war ein 44-jähriger Angestellter aus Rade, der einen Kollegen so übel beleidigt und beschimpft haben soll, dass der danach Strafanzeige gestellt hatte.

Der Anzeige folgte ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und schließlich ein Strafbefehl, wonach der 44-Jährige eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro hätte zahlen müssen. Der Rader legte Einspruch ein, so dass es nun zur Hauptverhandlung vor dem Strafrichter kam. Als Zeugen geladen waren mehrere Arbeitskollegen, die seinerzeit den eskalierenden Streit zwischen dem nun Angeklagten und seinem vermeintlichen Opfer miterlebt hatten. Auslöser war eine Bagatelle: Der 44-Jährige hatte sich darüber geärgert, dass der Kollege seine Computer-Tastatur genutzt und angeblich verkratzt hatte. Alsbald flogen im Büro die Fetzen, ein unfreundliches Wort gab das andere. Beide waren sich aber offenbar schon länger spinnefeind. Warum, war im Gerichtssaal nicht zu klären.

Als Zeuge gehört wurde letztlich nur das vermeintliche Opfer, das sich eigenen Aussagen zufolge von dem 44-Jährigen nicht nur beleidigt, sondern regelrecht bedroht gefühlt und deshalb schließlich auch die Polizei eingeschaltet hatte. Er selbst sei ruhig geblieben, sagte der Mann aus, während der Angeklagte beteuerte, seinerseits von seinem Kontrahenten beleidigt und beschimpft worden zu sein. So stand Aussage gegen Aussage. Klärung schien auch durch das Anhören weiterer Zeugen nicht möglich, denn schnell wurde klar: Die Abteilung des Unternehmens, in dem beide Kontrahenten auch heute noch arbeiten, ist seit langem geprägt durch alltägliche Streitereien. Rund um die beiden Männer haben sich Cliquen gebildet, die sich alles andere als kollegial gegenüberstehen. Auch der Mitarbeiter-Vertretung, so wurde im Prozess deutlich, ist es bisher nicht gelungen, zwischen den Streithähnen zu vermitteln, um wieder ein für alle erträgliches Arbeitsklima zu schaffen. Genau das kann auch ein Strafverfahren nicht bewirken: Aus dieser Erkenntnis heraus verständigten sich Richter, Staatsanwalt und Verteidiger auf eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen. Für den 44-Jährigen bedeutet das: Sein Einspruch gegen den Strafbefehl hatte Erfolg, er muss die Geldstrafe nicht zahlen. Darum, wie der schwelende Dauerkonflikt in Zukunft friedlich gelöst werden kann, wird sich nun der Arbeitgeber im eigenen Interesse und in dem aller Mitarbeiter kümmern müssen. Als beste Freunde machten sich jedenfalls Angeklagter, vermeintliches Opfer und die übrigen Zeugen nicht auf den Weg aus dem Gerichtssaal. Aber das geht nun die Justiz nichts mehr an.

(RP)
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