Radevormwald Vorwurf der Vergewaltigung - Verhandlung vertagt

Radevormwald · Ein türkischer Familienvater soll 2014 einen damals 16-jährigen Freund der Familie zum Oralverkehr gezwungen haben.

Enttäuschte Gesichter gab es gestern beim Schöffengericht im Amtsgericht Wipperfürth. Die Vorstellung, der Prozess gegen einen 58-jährigen türkischen Familienvater aus Radevormwald wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung fände ein sehr schnelles Ende, erfüllte sich nicht. Der Prozess begann etwa eine Stunde später, weil ein Schöffe nicht erschien. Zunächst musste eine Ersatzschöffin gefunden werden.

Vor dem Gerichtssaal hatten sich Verwandte und Freunde sowohl des Angeklagten als auch des Opfers eingefunden, die der öffentlichen Verhandlung aber nicht beiwohnen wollten.

Der Radevormwalder ist angeklagt, vor zwei Jahren einen damals 16-jährigen Freund der Familie zum oralen Verkehr gezwungen und damit vergewaltigt zu haben. Insbesondere der Angeklagte hatte um ein zügiges Verfahren gebeten. Er gab zum Vorwurf der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers bereitwillig Auskunft. "Ich bin unschuldig", sagte er. Er lehne alle gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen ab. Er fühle sich aufgrund der Vorwürfe schlecht. Er könne sich kaum noch auf seine Arbeit konzentrieren. Darüber hinaus sei sein soziales Ansehen schwer geschädigt worden. Er lebe seit 1972 in Deutschland und habe 1977 geheiratet. Den Grund für den eigentlichen Tatvorwurf konnte er nur mutmaßen. Er wusste, dass der vermeintlich Geschädigte, der ihn auch angezeigt hatte, homosexuell ist. Deswegen hatte dieser auch stets Stress mit seinen Eltern. "Sie haben mich zu Hause rausgeschmissen", soll er dem Angeklagten nach einem Besuch in einer Moschee erzählt haben. Der Angeklagte nahm ihn mit zu sich nach Hause. Dort schüttete der Junge ihm sein Herz aus. Er hasse seine Eltern. Sein Vater kümmere sich nicht um ihn - und mit der Mutter gebe es nur Streit. Auch eine Art religiöse Therapie in der Türkei habe nichts genutzt.

Der Junge zeigte dem Angeklagten Handyfotos seiner Liebhaber. Er könne nichts dafür, es "stecke in ihm drin", sagte er dazu. Er übernachtete und verschwand am nächsten Morgen.

Eines Tages erschien er ungefragt durch die offene Terrassentür im Wohnzimmer. Er habe verwahrlost ausgesehen. Der Angeklagte redete dem Jungen ins Gewissen. Dessen Stimmung kippte. Er wurde zornig. Danach ging er ins Badezimmer, kam wieder raus und verließ die Wohnung. Kurz danach muss er sich einem Onkel anvertraut haben, er sei vom Angeklagten vergewaltigt worden. Für seine Spermaspuren auf der Kleidung des Jungen hatte der Angeklagte eine Erklärung: Bevor ihn der Junge besucht habe, habe er Sex mit seiner Frau gehabt. Das dabei benutzte Kondom habe er in den Mülleimer im Badezimmer geworfen.

Was der Geschädigte aussagte, blieb für die Öffentlichkeit im Dunkeln: Sie wurde ausgeschlossen. Nächste Woche soll das Verfahren fortgesetzt werden: Dann berichtet eine Gutachterin. Außerdem will das Gericht ein Urteil fällen.

(bege)
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