Radevormwald Wie ein Hashtag zum österlichen Symbol wird

Radevormwald · Fünf Gemeinden, ein Jugendkreuzweg: 70 Teilnehmer bereiteten sich am Freitagabend stimmungsvoll und musikalisch auf die Karwoche vor.

 Birgit Kuna und Tochter Sarah mit dem Kreuz beim ökumenischen Kreuzweg, rechts Pfarrer Philipp Müller von der lutherischen Gemeinde.

Birgit Kuna und Tochter Sarah mit dem Kreuz beim ökumenischen Kreuzweg, rechts Pfarrer Philipp Müller von der lutherischen Gemeinde.

Foto: jürgen moll

Es gehört ein bisschen Mumm dazu, Ernsthaftigkeit und Stille: Amelie Fürst und ihre Freundinnen reihen sich schweigend in die Gruppe hinter dem großen Holzkreuz ein. Sie nehmen zum ersten Mal am Jugendkreuzweg teil, der sie einmal durch die Rader Innenstadt führt. "Das ist eine gute Idee", sagt die 14-Jährige, "was ganz anderes als ein Gottesdienst." Vier Stationen legen die Jugendlichen und auch ein paar Erwachsene, die dazugekommen sind, am Freitagabend ein. Sie wandern von Kirche zu Kirche, beginnen bei der Martinigemeinde an der Uelfestraße, machen Station an St. Marien und gehen dann weiter zur reformierten und zur lutherischen Gemeinde. Auch die Freie evangelische Gemeinde beteiligt sich an der Aktion.

Eine Woche vor Ostern wollen die Rader Pfarrer und Gemeindemitarbeiter ihre Jugendlichen auf Karfreitag und Ostern einstimmen, sie zum Nachdenken über gesellschaftliche Entwicklungen und ihren eigenen Glauben einladen. Die Jugendlichen wie Amelie Fürst lassen sich darauf ein. Kein Geflachse, kein Gekicher: Die jungen Erwachsenen sind ernsthaft bei der Sache. Das wird schon in der Martini-Kirche deutlich, wo Pastor Florian Reinecke das Kreuzweg-Motto erklärt: "#beimir". "Das Doppelkreuz markiert Schlagwörter in sozialen Netzwerken", sagt er, "mit ihm kann man finden, was Menschen suchen." Und dann erinnert er an das Kreuz auf Golgatha, an Jesu Leidensweg und seinen Tod und macht den Hashtag kurzerhand zum österlichen Symbol. "Der Hashtag erinnert uns an das Kreuz damals und verdeutlicht uns, dass Jesus sein Kreuz auch in unserm Leben trägt", sagt der Pfarrer.

Die Jugendlichen sollen den Kreuzweg persönlich nehmen, ihre eigenen Erfahrungen unterbringen und ermutigt in die Karwoche gehen. "Jesu Kreuzweg führt auch durch dein Leben", sagt Reinecke und bringt die Straßenkunst ins Spiel, die an diesem Abend alle vier Stationen verbindet. Schwarz-Weiß-Fotos, die Szenen aus dem Alltag zeigen, sollen Denkanstöße geben. Fremdenfeindlichkeit und Angst vor Terror, Zivilcourage und Lebensfreude: Die Mitarbeiter übersetzen Motive aus der Passionsgeschichte in die Sprache der Jugendlichen. Mal erscheint auf der Leinwand ein Whats-App-Klassen-Chat, mal sind es Bilder von jenen Straßen in Rade, an denen Menschen im Straßenverkehr starben. Und in der katholischen Kirche lässt Gemeindereferent Lukas Szczurek plötzlich Rap-Musik durch die heiligen Hallen schallen, die bewegt und Karfreitag einen neuen Klang gibt. Pfarrer Dieter Jeschke wechselt in der reformierten Gemeinde dann den Ton. An der dritten Station stehen nicht mehr gesellschaftliche Themen, sondern das Kreuz und der Tod im Fokus. "Zwei Balken, die in zwei Richtungen zeigen", erklärt Jeschke, "im Kreuz sind Himmel und Erde verbunden." Und mit dieser Hoffnung will dann auch Pfarrer Philipp Müller an der letzten Station in der lutherischen Kirche die Teilnehmer in den Abend entlassen.

"Tod und Verzweiflung werden verwandelt in Leben und Sinn", befinden die Jugendlichen, die diese letzte Station mit vorbereitet haben. Sie laden die Teilnehmer ein, Teelichter anzuzünden. Und so wird es hell in der dunklen Kirche. "Wir wünschen uns, dass die Jugendlichen im Alltag achtsam bleiben", sagt Pfarrer Philipp Müller später, "dass sie entdecken: Der Leidensweg Jesu spielt auch heute noch eine Rolle."

Amelie Fürst und ihre Freundin Melissa Reich stehen am Ende des Weges nachdenklich vor ihren Teelichtern. "Das war schon eindrucksvoll", befinden die Mädchen und dann ergänzen sie: "Wir sind jetzt auf Karfreitag und Ostern vorbereitet."

(resa)
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