Heimat entdecken in Radevormwald Wo die Quelljungfer fliegt

Radevormwald · Die bergischen Gewässer sind weitgehend intakt, das Wasser ist von guter Qualität. Darin und darum tummelt sich eine artenreiche Tierwelt, darunter sind auch Lachse, Groppen, Feuersalamander und Großlibellen.

 Der Biologe Jörg Liesendahl erkundet bergische Gewässer.

Der Biologe Jörg Liesendahl erkundet bergische Gewässer.

Foto: Jürgen Moll

Die bergische Topografie bildet sich auch in den hiesigen Gewässern ab: "Relativ schnell bringen sie ein ziemliches Gefälle hinter sich", erklärt Jörg Liesendahl, pädagogischer Leiter der Natur-Schule Grund in Remscheid. Daher seien stehende Gewässer im Bergischen zumeist Anstauungen und nicht natürlichen Ursprungs. Seit 35 Jahren widmet sich der Diplom-Biologe den Flüssen, Bächen, Tümpeln und Teichen in der Region hinsichtlich ihres Bestands von Flora und Fauna, aber auch in Bezug auf ihre ökologische Qualität. Unter anderem hat er die biologische Gewässergüte für die Stadt Remscheid untersucht. Grundlage dazu war die Versorgung der Tierwelt mit Sauerstoff. Sein Fazit: "Die Qualität der bergischen Gewässer ist zu 85 bis 90 Prozent so, wie wir sie von der Natur her erwarten."

Damit stehe man im Vergleich zu anderen Gebieten Nordrhein-Westfalens ziemlich gut da. Einen Grund für diese positive Entwicklung sieht der Fachmann in der stetigen Optimierung der Entwässerung, etwa durch Trennung von Regen und Abwasser. Zudem habe man - abgesehen von beklagenswerten Gülle-Unfällen - keine extremen Belastungen durch die Landwirtschaft. "Es gibt bei uns eine ganze Reihe von Bächen, die eine naturnahe Lebenswelt aufweisen", sagt Liesendahl. Der größte und bekannteste Fluss in der Region ist die Wupper, die als Wipper bei der Marienheider Ortschaft Börlinghausen entspringt und in Leverkusen nach 116,5 Kilometern Flussstrecke und etwa 400 überwundenen Höhenmetern in den Rhein mündet. Alleine in der Wupper seien etwa 30 verschiedene Fischarten bekannt, rechnet Liesendahl vor. Generell finden sich Fische erst ab einer bestimmten Wassertiefe. Der größte Bestand in der Wupper seien die Elritzen, ein Kleinfisch aus der Familie der Karpfen sowie die aalähnlichen Bachneunaugen.

Ein weiteres größeres Fließgewässer ist die Dhünn, mit 40 Kilometern der längste Nebenfluss der Wupper. In ihr tummeln sich wandernde Fischarten, wie zum Beispiel die Lachse. "Viele der Fischarten in unserer Region unternehmen kleinere, auch mal längere Wanderungen und schwimmen zum Laichen an die Quelle", erläutert Liesendahl. Daher sei es wichtig, in der Länge des Gewässers Wanderstrecken zu etablieren, die Fische unbeschadet zurücklegen können. Interessant findet Jörg Liesendahl auch die kleineren fließenden Gewässer, wie etwa den nur etwa 3,1 Kilometer langen Diepmannsbach, der ein Nebengewässer des Morsbaches ist. Dort gebe es die so genannte Groppe. Der Bodenfisch versteckt sich unter Steinen und frisst Kleintiere und Fischeier. Bei Untersuchungen ließen sich die Umgebungsverhältnisse deutlich feststellen.

Verlaufen Gewässer in der Nähe besiedelter Gebiete mit Straßen und auch Industrie, wirke sich das auf die Wasserqualität negativ aus. "Alleine der Abrieb, den Autos auf dem Asphalt hinterlassen, ist zu spüren."

Auch die industrielle Vergangenheit in Teilen der bergischen Region sei heute noch in den Gewässern nachzuweisen. Chrombelastungen aus vergangenen Zeiten seien nach wie vor vorhanden - zum Beispiel in Westhausen und Reinshagen mit ihren früheren Galvanikbetrieben. Dort sei das ökologische System zwar nicht in Gänze beeinträchtigt und die Tierwelt sei sogar relativ komplex. "Dennoch findet man bestimmte Tierarten wie zum Beispiel den Bachflohkrebs, den man eigentlich dort vermuten würde, nicht", hat Jörg Liesendahl herausgefunden.

Den Feuersalamander hat er an verschiedenen Bächen, wie etwa im Grunder Siefen, aber auch entlang der Wupper, im Morsbachtal, in Müngsten und Burgholz ausgemacht. Und in den ruhigen, schattigen Bachtälern in unseren Breiten schwingt über der Wasseroberfläche die geschützte Art der Quelljungfer ihre Flügel. Liesendahl empfiehlt, bei der nächsten Wanderung mal nach ihr Ausschau zu halten. "Diese Großlibelle kennt heute kaum jemand", bedauert der Biologe aus Remscheid.

(RP)
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