Radevormwald Zwei wie Pech und Schwefel

Radevormwald · Auf dem Trecker in Straßweg haben die Fritzsche-Zwillinge angefangen, heute sind die Hückeswagener erfolgreiche Rennfahrer.

 Jürgen Fritzsche (l.) mit seinem Bruder Otto. Beide lieben die Geschwindigkeit der schnellen Autos.

Jürgen Fritzsche (l.) mit seinem Bruder Otto. Beide lieben die Geschwindigkeit der schnellen Autos.

Foto: Moll

Mit Vollgas durchs Leben. Das könnte das Motto der Hückeswagener Fritzsche-Zwillinge sein. Denn die Brüder Otto und Jürgen verbindet vor allem ihre Liebe zur Geschwindigkeit. Und das seit mittlerweile 61 Jahren. "Wir sind schon so ein bisschen gaskrank", sagt Otto und lacht. Da wundert es nicht, dass die beiden Karriere im Motorsport machten. Heute sind sie die erfolgreichsten Fahrer der VLN-Langstreckenmeisterschaften am Nürburgring. Doch bis dorthin war es ein langer Weg.

Otto Fritzsche kann sich noch genau daran erinnern, wie das mit der Liebe zur Geschwindigkeit bei ihm und seinem Bruder anfing. Die beiden wuchsen in einer Bauernfamilie in Straßweg auf. Natürlich stand dort auch ein Trecker in der Scheune. "Wir sind schon mit acht Jahren das erste Mal Trecker gefahren, und von da an ging es über die Felder", erinnert sich Otto. Dabei war die Schaltung so schwergängig, dass die beiden zusammenfahren mussten - einer als Lenker, der andere mit beiden Füßen auf der Kupplung. Zum ersten Mal als Team hinterm Steuer. "Schon damals hatten unsere Eltern ziemliche Angst um uns, weil wir immer so schnell gefahren sind, wie es ging", erzählt Jürgen. Bis die Jungs dann hinter das Steuer eines Autos durften, mussten sie sich aber noch zehn Jahre gedulden.

Kaum waren die Zwillinge 18 Jahre alt, konnte sie nichts mehr von der Straße fernhalten. Die Volljährigkeit als Eintritt ins Leben der Rennfahrer. Die ersten Autos der beiden waren Opel - so halten sie es seitdem ihr ganzes Leben lang. "Am Anfang hatten wir einen Manta A und einen Ascona A", erzählt Jürgen. Mit diesen beiden Wagen ging es zum ersten Autoslalom nach Solingen.

"Eigentlich war das gar nicht geplant, aber wir haben uns einfach vom Kaffeetrinken bei den Freunden unserer Eltern aus dem Staub gemacht", sagt Jürgen. Er gewann den auf Geschwindigkeit ausgelegten Geschicklichkeitsparcours, sein Bruder Otto wurde Letzter. "Eine Woche später in Neuss war das aber genau andersrum", weiß Otto noch, der seit Beginn seiner Rennkarriere manchmal etwas an Disziplinlosigkeit litt. "Ich war so ehrgeizig, dass ich schon mal häufiger über das Ziel hinausgeschossen bin. Ich musste erst lernen, dass man die Fahrzeuge besser nicht zu sehr beschädigt", erzählt Otto schmunzelnd.

Das, worüber er heute lachen kann, war vor mehr als 30 Jahren nicht immer so lustig. "Der Motorsport verschlingt ganz schön viel Geld", weiß auch Bruder Jürgen. Das betraf vor allem die Zeit nach den Autoslaloms, als die beiden professionell Rennen fuhren. Damals allerdings noch getrennt: Otto auf der Bergstrecke und Jürgen in den Rundkursen. 1987 saßen die Fritzsche-Zwillinge dann erstmals wieder zusammen in einem Rennwagen und nahmen am 24-Stunden-Rennen am Nürburgring teil. "Insgesamt sind wir Siebter von bis zu 200 Autos und unter rund 700 Fahrern geworden. Das war ein großer Erfolg", berichtet Otto.

Deshalb blieben die Brüder erstmal auf der Langstrecke und waren dort in den nächsten Jahren noch erfolgreicher. Mit ihrem Opel Kadett 16V holten sie sich die Meistertitel der VLN am Nürburgring in den Jahren 1990 und 1991. Nach dem Doppelerfolg war für Jürgen erstmal Schluss, für ihn standen in dieser Zeit einfach andere Dinge im Fokus. Otto blieb aber weiter dran und holte sich 1993 mit einem anderen Copiloten seinen dritten Titel im schnellen Auto.

So ganz lassen konnte Jürgen Fritzsche es dann aber doch nicht und kehrte 1994 für das zweite 24-Stunden-Rennen der Fritzsche-Zwillinge kurz auf die Rennstrecke zurück. "Das war einer der größten Erfolge unserer Karriere", sagt er heute. Nachts wütete ein Gewitter, und reihenweise Fahrer schieden aus - nicht so die Fritzsche-Brüder. "Wir zogen da so unsere Runden und wurden von den anderen Fahrern schon gefragt, ob wir Augen hätten, mit denen man besser sehen kann", erinnert Otto sich lachend. Am Ende wurden sie zwar noch von einem Konkurrenten abgefangen, aber mit dem zweiten Platz hätten sie niemals gerechnet. "Als wir da durchs Ziel gefahren sind, das war schon geil", sagt Otto.

Er widmete sich danach der Kurzstrecke, während Jürgen seine Rennsport-Pause fortsetzte. Die währte allerdings nur bis ins Jahr 2000. "Als Schumi Weltmeister wurde, haben wir vor dem Fernseher gesessen, ein paar Schnäpse getrunken und entschieden, dass wir wieder zusammenfahren wollen", berichtet Jürgen. So saßen die Brüder noch im selben Jahr wieder im Auto und fuhren auf dem Ring um die VLN-Meisterschaft mit. Der Sieg klappte nicht direkt, aber 2003 wurden sie wieder Erster. Durch die Wiederholung dieses Triumphs im Jahr 2007 haben die beiden zusammen neun VLN-Titel auf dem Konto (Otto fünf, Jürgen vier) und sind die erfolgreichsten Motorsportler dieser Klasse. Etwas anderes kam für die beiden auch nie in Frage. "Wenn ein Fritzsche im Auto sitzt, muss er gewinnen", sagt Otto.

Das hat sich bis heute nicht geändert, obwohl die beiden schon 61 Jahre auf der Tacho-Uhr haben. Eigentlich sollte im nächsten Jahr Schluss mit der Rennfahrer-Karriere sein. Doch momentan sieht es ganz danach aus, als ob die Fritzsche-Zwillinge auch 2017 wieder an den Nürburgring zurückkehren, sagt Otto: "Wenn man gaskrank ist, muss man sich ja auch austoben. Und für eine neue Herausforderung sind wir schließlich immer zu haben."

(RP)
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