Jan Heinisch "Bäderverbund mit einer Nachbarstadt"

Ratingen · Der Bürgermeister bringt Ideen für interkommunale Zusammenarbeit ins Gespräch, um ein Finanzdesaster zu verhindern.

 Bürgermeister Heinisch hat - zusammen mit Kämmerer Beck - eine Liste aller freiwilligen Leistungen der Stadt vorgelegt. Jetzt muss der Rat darüber entscheiden, an welchen Stellen gespart werden soll.

Bürgermeister Heinisch hat - zusammen mit Kämmerer Beck - eine Liste aller freiwilligen Leistungen der Stadt vorgelegt. Jetzt muss der Rat darüber entscheiden, an welchen Stellen gespart werden soll.

Foto: Achim Blazy

Die Finanzlage der Stadt ist hinlänglich bekannt. Stehen Sie vor einem Scherbenhaufen?

Jan Heinisch Ich weigere mich, Heiligenhaus als Scherbenhaufen zu betrachten. Im Gegenteil: Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht. Als Beispiele möchte ich den Campus nennen, den Umbau der Hauptstraße, den Neubau der Umgehungsstraße oder die Entwicklung des Panoramaradwegs. Diese Veränderungen haben enorme Kraft gekostet. Mit der gleichen Zähigkeit werden wir jetzt auch den Haushalt weiter konsolidieren. Außerdem haben wir die Lebensqualität in der Stadt zwischenzeitlich erheblich verbessert.

Inwiefern?

Heinisch Wer hätte vor 15 Jahren gesagt, ich ziehe nach Heiligenhaus? Heute können wir mit einem erweiterten Freizeitangebot und der Barrierefreiheit in der Innenstadt punkten. Wir waren zum Beispiel mit eine der ersten Kommunen, die schon 2005/2006 ihre Sportanlage auf Kunstrasen umgestellt hat. Wir haben schon seit etlichen Jahren einen Internet-Hotspot rund um das Rathaus - das wird in anderen Städten immer noch diskutiert. Bei uns können Sie bereits seit Ewigkeiten in der zentralen Innenstadt frei surfen. Wir bewerben es offenbar bislang nur nicht ausreichend.

Das alles täuscht aber nicht über die Haushaltslage weg.

Heinisch Sie müssen sich vorstellen, dass wir für eine Unterdeckung von 1,6 Millionen Euro einen Nachtragshaushalt einbringen. Das ist eine Summe, für die in anderen Städten kein Kämmerer solch einen Aufwand betreiben würde. Aber wir wollen in dieser Situation alle mit ins Boot holen, um gemeinsam zu entscheiden, wie es weiter geht, und uns damit für die Zukunft aufzustellen.

Sie haben dem Rat eine 15-seitige Auflistung mit Einsparungspotenzialen vorgelegt, selbst aber keine Vorschläge gemacht.

Heinisch Wir haben wie alle anderen Stadtverwaltungen in einer solchen Situation eine Streichliste eingebracht, nicht mehr und nicht weniger. Denn Sie dürfen eine Sache nicht vergessen: Der Rat hat die Haushaltshoheit. Das heißt, er trifft die Entscheidungen. Das wäre bei einem plötzlichen Geldsegen auch nicht anders. Die Verwaltung ist dafür da, die Entscheidungen des Rates vorzubereiten und durchzuführen. Den Teil der Vorbereitung haben wir durch diese Liste erfüllt, nun geht es eben an die Entscheidungen. Und die zu treffen, ist nun einmal Aufgabe der Politik - auch wenn es eventuell wehtun wird. Als Grundlage für diese Entscheidungen haben alle Ratsmitglieder ja zum Beispiel auch durch den neuesten Prüfbericht der Gemeindeprüfanstalt bekommen.

In dem auch von Schulschließungen die Rede ist.

Heinisch So einfach schließt man eine Schule nicht, zumal das ja auch keine Sache ist, die kurzfristig Entlastung bringt. Hier könnten sich aber auch durchaus neue Potenziale ergeben, wenn man sich zum Beispiel auch im Bereich Schulen mal mit einer interkommunalen Zusammenarbeit beschäftigt.

Sie arbeiten bereits bei der VHS, mit dem Klinikum und bald auch im Rettungsdienst mit anderen Städten zusammen. Gibt man da nicht das Heft des Handelns zu sehr aus der Hand?

Heinisch Das sehe ich nicht so. Wann immer wir in letzter Zeit etwas gemeinsam mit anderen Städten, in der Regel Velbert, gemacht haben, ist es erfolgreich gewesen. Denken Sie zum Beispiel nur an den schönen Panorama-Radweg! Fakt ist: Wenn wir meinen, alles alleine machen zu müssen, werden wir uns auf die Dauer keine drei weiterführenden Schulen mehr leisten können. Hier gibt es viele Optionen. Langenfeld und Hilden haben zum Beispiel seit langer Zeit schon eine gemeinsame Gesamtschule. Man darf Veränderungen nicht immer nur als schlimm und schlecht sehen, sie bieten auch Chancen.

Ein anderer Dauerbrenner ist das Heljensbad. Werden die Heiligenhauser dort in zwei Jahren noch schwimmen gehen können?

Heinisch Da bin ich mir sehr sicher. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass wir es vielleicht nur im Sommer öffnen und für den Winter einen Bäderverbund mit einer Nachbarstadt gründen. Im Sommer haben wir in unserem schönen Freibad meist bombastische Besucherzahlen, während wir im Winter erhebliche Probleme haben. Alles in allem müssen wir uns die Frage stellen, ob es Sinn macht, sich bei den Einsparungen mit den kleinen, aber jeweils sehr wichtigen 2000 Euro-Zuschüssen an Vereine zu beschäftigen oder eben an das große Ganze zu gehen. Letzterem würde ich den Vorzug geben. Wichtig ist meiner Meinung nach zudem, dass wir alle Maßnahmen mit einer möglichst breiten politischen Mehrheit beschließen, die einen gesellschaftlichen Konsens ausdrückt.

Können sie in dieser schweren Situation noch ruhig schlafen?

Heinisch Ja. Für solche Herausforderungen bin ich schließlich gewählt worden. Wer sich wegduckt, ist als Bürgermeister fehl am Platze. Und man muss das auch einmal aus einer ganz anderen Perspektive sehen: Geld im Überschwang macht träge. Unsere Verwaltung stellt sich mit sehr viel Engagement den Herausforderungen.

KARL RITTER STELLTE DIE FRAGEN.

(wol)
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