Ratingen Bürger sorgen sich um Giftmüll-Brache

Ratingen · Eine neue Initiative sieht erhebliche Gefahren beim Bodenaushub auf dem kontaminierten Eisenhüttengelände.

OST Ratingen - dies zeigt der rasant voranschreitende demografische Wandel - braucht Seniorenwohnungen. Die sollen unter anderem auf dem ehemaligen Eisenhüttengelände in Ratingen Ost entstehen. Die Düsseldorfer KBBD Projektgesellschaft mbH will dort 90 Wohnungen bauen lassen, die im Sommer 2017 bezugsfertig sein sollen. Der Rat hat den äußerst umstrittenen Bebauungsplan abgesegnet - "überhastet", wie eine neue Bürgerinitiative findet.

Anwohner des Grundstücks haben sich jetzt zu einer Interessengemeinschaft zusammengetan, die das Projekt kritisch begleitet. Auf einer sehr aufgeräumten Internetseite findet man unter "agroe.jimdo.com" wichtige Fakten zur Vorgeschichte und zum Projekt. "Agroe" steht für "Altlasten-Grundstück Ratingen Ost Eisenhüttengelände".

Was treibt die Bürger an? Klare Antwort: Der Bebauungsplan sei am 25. September vorschnell beschlossen worden, "weil wir mit dem Bodenaushub erhebliche Gesundheitsgefahren für uns erwarten und weil wir die geplante Bebauung für rücksichtslos halten".

Kurze Rückblende: Im Jahr 1975 wurde die alte Eisenhütte abgerissen, das Gelände liegt seit dieser Zeit brach, vor allem wegen der hohen Bodenbelastungen mit krebserzeugenden Stoffen. Im Jahr 2000 wurde der Boden laut Sanierungskonzept des Kreises Mettmann eingekapselt. Vor einigen Jahren entstand die Idee, auf diesem Gelände seniorengerechten Wohnraum zu schaffen. Der gesamte Giftboden muss auf jeden Fall fachmännisch entsorgt werden, Anwohner können sich noch gut an den Gestank erinnern, der während der ersten Sanierung in der Luft lag.

Die neue Bürgerinitiative sieht das gesamte Vorhaben mit großer Skepsis - so auch die dichte Wohnbebauung. Ulrike Probol wohnt an der Wachendorffstraße und damit unmittelbar am Eisenhüttengelände. Sie macht sich Sorgen um die geplante Bebauung, sie sei insgesamt zu massiv: "Ich wende mich nicht gegen die Bebauung des Nachbargrundstücks. Ich respektiere auch, wenn die Stadt - dem Zeitgeist folgend - in angemessenem Umfang eine etwas massivere Bebauung zulassen möchte. Hier scheint man aber uninteressiert und blind nur dem Investor-Ansinnen zu folgen."

Sie hat sich durch die etwa ein Kilogramm schwere Verwaltungsvorlage gearbeitet und ist nach eigenen Angaben auf so manche Ungereimtheit gestoßen. Im bestehenden Bebauungsplan gebe es nur einen einzigen kleinen dreigeschossigen Teil, bis zu 81,2 Meter über Normal Null. Er liege im südwestlichen Teil, direkt an der Eisenhüttenstraße. Die Vorgaben "sind eigentlich ohne Bedeutung, weil nur der reale Zustand Maßstab ist". Man könne keine Schrägdach-Höhen mit Flachdach-Höhen vergleichen.

Nach Angaben des Kreises sollen Altlasten direkt entsorgt werden. Es werde also gemäß Transportkapazität ausgekoffert. Außerdem werde es regelmäßige Luftmessungen geben. Im Januar 2015 soll die Sanierung beginnen. Die Bürger Union betont mit Blick auf den Zeitdruck: "Wir haben scharf kritisiert, dass die Vorlage wegen eines drohenden Fristablaufs erst in letzter Minute den zuständigen Ausschüssen zugeleitet wurde. Die mehrere hundert Seiten umfassende Ausarbeitung konnte daher nicht in der gebotenen Tiefe ausgewertet werden. Die Fraktion hat sich aber davon überzeugen können, dass sich die Ergebnisse der Vorberatungen in der Vorlage wiederfinden und dass auch die Einwendungen ordnungsgemäß behandelt wurden."

Die neue Bürgerinitiative will unterdessen weiter Fakten sammeln. Wer Infos hat und sich einbringen will, kann dies per E-Mail tun: agroe-ost@web.de.

(RP)
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