Ratingen Bus-Drama: Niemand hilft Behindertem

Ratingen · Erneut hat es in Ratingen einen Fall des Wegschauens gegeben: Einem Bürger, der sich in einer sehr bedrohlichen Situation befand, wurde nicht geholfen, obwohl andere Personen die gefährliche Lage erkannt haben mussten. Das Drama, das sich im Rheinbahn-Bus O 16 ereignete, liegt ein paar Tage zurück.

 Die Frau und ihr schwerbehinderter Mann stiegen am vergangenen Dienstag an dieser Haltestelle in einen Bus der Linie O16 und wollten Richtung Lintorf fahren.

Die Frau und ihr schwerbehinderter Mann stiegen am vergangenen Dienstag an dieser Haltestelle in einen Bus der Linie O16 und wollten Richtung Lintorf fahren.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Am Dienstag, 4. November, kam es am frühen Mittag zu diesem Vorfall: Monika Dahms war mit ihrem schwerbehinderten Mann, der Diabetiker ist, in diesem Bus unterwegs. Sie wollten nach Lintorf fahren. Beide waren an der Haltestelle am Stadion eingestiegen. Plötzlich machte sich bei dem Mann eine starke Unterzuckerung bemerkbar. Sie gab ihm eine Banane und Traubenzucker, doch ihr Ehemann war kaum ansprechbar und unmittelbar hinter dem Fahrer eingeklemmt.

"Der Busfahrer half uns aber nicht", sagte Monika Dahms, "nur mit Mühe schaffte ich es, meinen Mann aus dem Bus herausziehen." Dahms weiter: "Es waren noch viele Leute, auch junge Männer, im Bus. Die schauten alle weg, als ich sagte, dass mein Mann wegen Unterzuckerung nicht mehr laufen könne. In was für einer Welt leben wir heute nur?" Draußen stieß ihr Mann gegen eine Hauswand, er blutete am Mund.

Monika Dahms schellte. Ein Ehepaar zeigte sich sehr hilfsbereit, gab ihrem Mann Wasser und Zucker. Nach einer Viertelstunde ging es ihm besser. "Dann holte der Helfer das Auto aus der Garage und fuhr uns nach Hause", erzählte Monika Dahms, "er half mir auch, meinen Mann ins Haus zu bringen."

Vor einiger Zeit hat sich ein ähnlicher Fall ereignet, der für Aufsehen sorgte. Karin Schüller war am 10. Oktober, an einem Freitag, auf dem Konrad-Adenauer-Platz in Lintorf unterwegs. Gegen 16.20 Uhr stürzte sie schwer. Sie lag benommen am Boden und konnte sich kaum rühren. Ob sie lautstark um Hilfe rief, war unklar. Es war im Nachhinein schwierig, die Unfallursache präzise zu rekonstruieren.

Karin Schüller hatte höllische Schmerzen. Sie nahm noch wahr, dass Passanten, darunter ein älteres Ehepaar, in unmittelbarer Nähe an ihr vorbeiliefen. Niemand kümmerte sich um sie. An diesem Tag hatte Karin Schüller ausnahmsweise das Handy dabei - ein Glücksfall. Sie wählte die Nummer ihres Mannes, berichtete ihm mit letzter Kraft von dem Sturz und davon, dass sie hilflos am Boden liegt. Friedrich Schüller eilte herbei, entdeckte seine schwer verletzte Frau und rief sofort den Krankenwagen. In der Klinik wurde das Ausmaß der Verletzung klar: Beckenbruch.

Mittlerweile hat die Patientin eine künstliche Hüfte. "Es ist für mich unfassbar, dass sich Menschen so ignorant verhalten können", sagte der 60-jährige Ehemann, "sie haben einfach weggeschaut und sind weitergegangen." Aus seiner Sicht war die Situation eindeutig: Seine Ehefrau lag mindestens 20 Minuten lang am Boden, hilflos und bewegungsunfähig.

(RP)
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