Ratingen Das Weltspiegel-Kino ist älter als der Oscar

Ratingen · Das Mettmanner Traditionskino behauptet sich seit 106 Jahren. Die Expertinnen wählen Filme mit Bedacht – auch fürs Ratinger Kino.

Das Mettmanner Traditionskino behauptet sich seit 106 Jahren. Die Expertinnen wählen Filme mit Bedacht — auch fürs Ratinger Kino.

Bald ist es soweit, dann werden in Los Angeles zum inzwischen 85. Mal die begehrten Oscars verliehen — die Trophäen für besondere Leistungen im Filmgeschäft. Ein stolzes Alter, aber nichts gegen die Filmtradition in Mettmann: Vor 106 Jahren, nämlich 1907, eröffnete das Weltspiegel Kino. Seither können Filmliebhaber hier Werke auf der großen Leinwand erleben — Oscar-Anwärter in ihren Paraderollen waren in all der Zeit auch eine Menge dabei.

Die ersten 24 Jahre gab es im Weltspiegel Kino lediglich Stummfilme, inzwischen gehören hochauflösende 3D-Filme zum festen Repertoire des Traditionskinos. Ein großer Sprung, der natürlich nicht von heute auf morgen vonstatten ging. 2011 wurden zwei der drei Säle mit der neuen Technik ausgestattet. "Wir sind stolz, dass wir das haben, aber mussten es auch tun, um mithalten zu können", sagt Margarete Papenhoff, die das Kino an der Düsseldorfer Straße seit den 70er Jahren zusammen mit ihrer Schwester Gabriele Rosslenbroich leitet. Rosslenbroich wiederum betreibt auch das Ratinger Kino.

Die Konkurrenz ist stark, vor allem durch die großen Multiplex-Kinos. "Alles fing mit dem Kinocenter in Essen an. Plötzlich gingen alle dorthin, weil sie neugierig waren", erinnert sich Papenhoff. Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es inzwischen sogar 30 Multiplex-Kinos. "NRW ist einfach das Bundesland mit der größten Dichte an Kinos und Leinwänden", sagt Rosslenbroich.

Umso respektabler erscheint es, dass sich das Weltspiegel Kino, das sich immer in Familienbesitz befand, halten konnte. "Die Menschen schätzen die persönliche Atmosphäre hier. Den Filmvorführer beispielsweise kennt fast jeder", sagt Inhaberin Papenhoff. In einem Multiplex-Kino undenkbar. Inhaltlich hat sich das Mettmanner Filmhaus als Arthouse-Kino etabliert. "Wir suchen Filme aus, die zu unserem Haus passen", beschreibt es Papenhoff. Das reicht von der Hollywood-Komödie bis zum niedlichen Kinderfilm, nur Horrorfilme gibt es im Weltspiegel nicht zu sehen.

Bei der Auswahl der gezeigten Filme verlassen sich die zwei Schwestern allerdings nicht allein auf Trailer und Kritiken. Nein, sie nehmen die Filme selbst unter die Lupe und reisen dafür regelmäßig zu Filmfestivals. Die Filmmessen in München, Köln und Leipzig sowie die Berlinale sind nur einige Beispiele.

"Es ist sehr anstrengend mehrere Filme am Tag zu gucken und die später auch noch alle auseinanderzuhalten. Manchmal gibt es auch nur Teile aus Filmen, davon aber zu 15 unterschiedlichen hintereinander", berichtet Papenhoff. Das Historiendrama "Lincoln" von Stephen Spielberg, der mit zwölf Oscarnominierungen in der Nacht vom 24. auf den 25. Februar ins Rennen geht, haben die Kinobesitzerinnen bereits vor Monaten gesehen. Für sie war klar: Der wird auch bei uns laufen.

Die prunkvolle Oscarverleihung wird das Weltspiegel Kino allerdings nicht übertragen. "Das lohnt sich einfach nicht für uns, da sich die Besucher nicht die ganze Nacht ins Kino setzen wollen", erklärt Papenhoff. Immerhin startet die mehrstündige Verleihung erst um 1.30 Uhr unserer Zeit. Man achtet insgesamt auf ein ausgewogenes Programm: so auf Kinder-, Frauen-, Senioren- und Kirchenkino.

(RP/rl)
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