Ratingen Der Cromford-Park ist wieder Bühne

Ratingen · Nanu? Wer sich der Szenerie vor dem Industriemuseum an der Cromforder Allee näherte, der fragte sich schnell, ob er vielleicht in eine Zeitmaschine geraten war: Prachtvolle Hüte und festliche Garderobe bestimmten das Bild in unmittelbarer Nähe zum einstigen Herrenhaus, während in gemäßigter Entfernung Gäste mit eher rustikalem Stockbrot und Spielen ihren Spaß hatten. Irgendwie hätte ein Fest vor 200 Jahren ähnlich aussehen können.

 Prächtige Sommerhüte prägten das Bild beim Picknick vor dem Herrenhaus.

Prächtige Sommerhüte prägten das Bild beim Picknick vor dem Herrenhaus.

Foto: Achim Blazy

Aber der Eindruck trog doch, der Förderverein des Industriemuseums hatte keine Zeitmaschine entwickelt, sondern bei bestem Wetter zum "Picknick im Park" geladen. Und so war das große Familienfest einmal mehr eine gute Gelegenheit für den Nachwuchs, erste Kontakte zum Industriemuseum und seiner bewegten Geschichte zu erleben. Denn - wie sollte es anders sein - im Mittelpunkt stand der Stoff, aus dem in diesem Fall erlebte Geschichte ist: Baumwolle. "Das ist eine Fabrik?", wunderte sich da der kleine blonde Junge mit großen Augen und wandte sich dann doch lieber dem Stockbrotrösten zu. Wer dagegen lieber ausprobieren wollte, wie sich die Kleidung aus der Zeit der Industrialisierung auf dem europäischen Festland anfühlte, bekam dazu ebenfalls die Gelegenheit. Detailgetreu eingekleidet begab sich so zum Beispiel Juliane Wenger auf eine Zeitreise - inklusive voluminösem Hut selbstverständlich: "Ich muss ehrlich sagen, dass ich das für den Alltag etwas unpraktisch fände, aber es waren ja damals nun einmal andere Zeiten", so die Studentin, die zum ersten Mal in Cromford war: "Ich bin eher zufällig hierher gekommen und muss sagen, dass mich das Ambiente sehr anspricht. Aber auch die Veranstaltung gefällt mir, weil sie sowohl für Kinder als auch Erwachsene eine ganze Menge zu bieten hat."

 Stockbrotrösten zog Eltern und Kinder an.

Stockbrotrösten zog Eltern und Kinder an.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der Förderverein des Industriemuseums hatte sich, wie in den vergangenen Jahren auch, viel Mühe gegeben, ein buntes Programm auf die Beine zu stellen, das eben sowohl den Nachwuchs als auch ältere Semester anspricht. Neben einer Zeitreise mit vielen Exponaten aus dem Museum gab es dann auch wieder ein buntes Bühnenprogramm. Gepaart mit der Picknick-Atmosphäre bildete das Fest dann auch so ein bisschen was wie eine Wiederauferstehung der Wiesen rund um das Industriemuseum. Denn die waren bekanntlich vor fast einem Jahr sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden von Sturm Ela. Wer etwas abseits des Trubels vor dem ehemaligen Herrenhaus einen Spaziergang durch den Poensgen-Park machte, konnte immer noch die zahlreichen Lücken sehen, die die Naturgewalt in das Grün geschlagen hatte.

Vielleicht war der Abstand zu diesem Ereignis für die Fast-Zeitmaschine des Fördervereins an diesem Tag zu gering. Dann doch lieber hautnah erleben, wie faszinierend Industriegeschichte sein kann und so erahnen, wie die Menschen damals gelebt haben. Und das kam der Realität gestern dann wahrscheinlich sehr nah: Vorne vergnügten sich die gut behüteten Herrschaften unter sich, im hinteren Bereich war Belustigung für alle angesagt. Gelebte Geschichte.

(wol)
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