Heiligenhaus Der "Grüne Jäger" verfällt immer mehr

Heiligenhaus · Mitglieder der SPD und der Stadtverwaltung sahen sich gestern die heruntergekommene ehemalige Gaststätte an.

Es ist eines der letzten Fachwerkhäuser, die auf Heiligenhauser Grund und Boden stehen, das Gebäude an der Ratinger Straße, in dem einmal die Gaststätte "Grüner Jäger" untergebracht war. Das Jahr 1721 prangt, zwischen den Logos von Brauereien, in hellen Lettern auf dem schwarzen Schiefer der Fassade. Ob die Zahl als Baujahr tatsächlich stimmt? Der technische Beigeordnete Harald Flügge bezweifelt das. Genau weiß aber auch er es nicht. "In den Unterlagen steht 18. oder 19. Jahrhundert."

Gestern besuchten Mitglieder der Heiligenhauser SPD gemeinsam mit dem technischen Beigeordneten Flügge sowie Matthias Bernhardt vom Immobilienservice das alte Gebäude, das mitten drin liegt, in den Bauarbeiten zur neuen Autobahn. Das Haus selbst jedoch bleibt unberührt von den Bauarbeiten ringsum - und das seit einigen Jahren. Vor zehn Jahren ging die Kneipe pleite. 2009 erwarb die Stadt das Haus und stellte es damals erst einmal dem Immobilienmarkt zur Verfügung, für eine sechsstellige Summe.

"Das Interesse war nur sehr gering", erklärt Flügge. Das Haus blieb in Besitz der Stadt. Seitdem sei in dem Haus, das seit 1982 komplett unter Denkmalschutz steht, nichts mehr passiert, beklagt SPD-Fraktionschef Peter Kramer. Er erinnert sich: "Damals wurde uns das Gebäude im Rat vorgestellt, eine Nutzungsidee damals, eine Raststätte einzurichten und Lkw-Parkplätze auf dem Außengelände zu errichten. Die Idee rund um eine autobahnbasierte Nutzung besteht auch weiterhin, doch der Verfall des Hauses lässt die SPD-Mitglieder zweifeln. Flügge betont, dass das Haus regelmäßig vom städtischen Immobilienservice begutachtet werde. "Hier muss investiert werden, und zwar eine Summe, für die man locker auch neu bauen könnte", sagt Kramer.

Wer das Haus betritt, vorsorglich mit Taschenlampen ausgestattet, dem weht sofort ein Geruch entgegen, der davon zeugt, dass hier schon länger keiner mehr drin war, zumindest offiziell. Inoffiziell wurde das Haus zum Beispiel von Kupferdieben besucht, die sich an Leitungen gütlich getan haben. Sie haben Heizungen aus der Wand gerissen, Leitungen aus der Wand gerissen.

Einladend ist das sehr verwinkelte Gebäude nicht. Im ehemaligen Gastraum sind Deko-Balken aus Plastik, die sich durchbiegen, vereinzelt sind Fensterscheiben eingeschlagen und in den Keller sowie den Speicher steckten gestern nur die ganz Mutigen die Köpfe. Andere Räume wie die ehemalige Wohnung der Gastleute lassen wiederum erahnen, wie es sich hier einmal gelebt hat.

Die Bausubstanz hat in den letzten fünf Jahren deutlich gelitten", sagt SPD-Ortsverbandsvorsitzender Ingmar Janssen. Im alten Schankraum liegen Asbest-Dämmung, Fassadenteile und Müll. Den habe es auch damals, als das Haus 2009 von der Stadt übernommen wurde, auf dem Grundstück (insgesamt 2000 Quadratmeter) gegeben, erinnert sich Flügge. "Hier war alles voll mit Hundehütten und Müll." Noch heute ist das Gebäude ohne Kanalanschluss.

"Das Haus steht unter Denkmalschutz. Das heißt, dass es genau so wieder hergestellt werden muss. Doch die Erklärung in den Akten, warum das Gebäude geschützt ist, fällt recht dürftig aus", sagt der technische Beigeordnete, der in dem Haus mit niedrigen Decken ständig den Kopf einziehen und nur in wenigen Räumen bequem stehen kann. "Heute würde man das differenzierter sehen."

(RP)
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