Ratingen Die Welt ist voller Hutgesichter

Ratingen · Von wegen "Das kann ich nicht tragen" - Modistin Susanne Arnken arbeitete im Museum Cromford am Mut zum Hut.

 Susanne Arnken (rechts) hält Kundinnen gern den Spiegel vor, wenn sie ein passendes Modell gefunden hat - wie dieses cemefarbene Exemplar für Birgit Meise.

Susanne Arnken (rechts) hält Kundinnen gern den Spiegel vor, wenn sie ein passendes Modell gefunden hat - wie dieses cemefarbene Exemplar für Birgit Meise.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Das kecke grüne Hütchen mit der üppigen Netzverzierung, dem sprungbereiten Plastikfrosch mit Krönchen und der Rumkugel aus einem mit Metallstäbchen präpariertem Filzball wäre jetzt à la mode platziert - nun müsste sich seine Trägerin damit nur noch vor die Tür wagen und wäre damit garantiert Stadtgespräch. Auf Tage, wenn nicht auf Monate. Aber da wird wohl nichts draus.

Hutmacherin Susanne Arnken kennt das Phänomen - in geschützten Räumen nimmt die Kundin gern mal Ausgefalleneres zur Hand, aber draußen wird doch lieber Pudelmütze geflaggt. Schade, meint die 35-Jährige, die sich gerade mit einem Geschäft in Duisburg selbstständig macht, denn es gebe schließlich für (fast) jeden Kopf einen interessanten Hut.

Am Donnerstagabend machte sie mit einer quirligen Kollektion beste Werbung dafür, und zwar im Anschluss an eine äußerst gut gebuchte Frauenkulturherbst-Führung durch die Hutausstellung im Museum Cromford. Da gab es unter anderem ein grünes Modell aus Filz mit kleinem Geweihschmuck vom Flohmarkt, das ganz außerordentlich gut auf den Kopf von Christa Harger passte. Sie fühlte sich damit zwar gleich erhebend gekleidet, bekannte allerdings: "Ich trage am liebsten schlichte Herrenhüte, damit fühle ich mich am wohlsten." Herrenhut auf Frauenkopf, geht das?

 Pink ist perfekt für das weißblonde Haar von Ilse Piesoldt. Die Modistin rückt den Blütenschmuck zurecht, der eher seitlich und nicht zu hoch sitzen darf.

Pink ist perfekt für das weißblonde Haar von Ilse Piesoldt. Die Modistin rückt den Blütenschmuck zurecht, der eher seitlich und nicht zu hoch sitzen darf.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Geht alles, so lange die Proportionen stimmen und das Modell tief in der Stirn und nicht im Nacken getragen wird, sagt Susanne Arnken. Ist der Hut zu breitkrempig und das Gesicht zu filigran, geht die Dame unter. Stattliche Erscheinungen sollten wiederum von zu kleinen Kopfzierden Abstand nehmen. "Eine kräftige Frau mit einem runden Gesicht und kurzen Haaren sollte beispielsweise keinen Fascinator (festlicher kleiner Kopfschmuck, der mit Haarreif oder Klammer am Kopf befestigt wird, Anm. d. Redaktion) tragen.

Eine Faustregel: Wer einen Hut trägt, darf damit nicht verkleidet aussehen", sagt Arnken. Bei Ilse Piesoldt, die einen pinkfarbenen Blütenschmuck mit Haargummi probiert, ist das auch überhaupt nicht der Fall - jedenfalls nicht, nachdem Fachfrau Susanne Arnken das zarte Gebilde modellgerecht auf dem Haar arrangiert hat: Eher vorne als oben und leicht schräg auf die Seite.

Dass der cremefarbene Wollhut mit der eleganten Ton-in-Ton-Verzierung ganz großartig zu Birgit Meise passt, hat Arnken gleich gesehen. Die Trägerin dreht sich, ihr Spiegelbild anlächelnd, hin und her und scheint nicht abgeneigt. Bei einem Glas Sekt, das zur Hutprobe gereicht wurde, hat der Alltag sie dennoch wieder: "Ich passe mich meiner Umgebung an und da trägt einfach niemand Hüte. Also trage ich auch keinen", sagt sie. Eine Freundin, die daneben sitzt, entgegnet keck: "Dann fang doch einfach mal damit an." Fazit eines langen, munteren Abends: Hüte heben Köpfe und straffen Schultern, beschwingen ihre Trägerinnen und machen Laune. Jetzt käme es nur noch darauf an, exakt diesen Esprit hinaus auf die Straße zu tragen . . .

(RP)
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