Ratingen Die zwei Neuen im Team

Düsseldorf · Montags-Interview mit den Kulturwissenschaftlern Christiane Syré und Martin Schmid. Gemeinsam mit Claudia Gottfried leiten die beiden seit Oktober vergangenen Jahres das LVR-Industriemuseum Cromford.

Seit Anfang des Jahres 2008 ist Claudia Gottfried Leiterin des LVR-Industriemuseums Cromford. Sie folgte Dr. Eckhard Bolenz, der die Direktion des Rheinischen Amtes für Landeskunde des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in Bonn übernahm. Vorher war Gottfried stellvertretende Leiterin des Hauses an der Cromforder Allee. Ihre Stelle blieb fast ein Jahr lang unbesetzt — bis zum Oktober 2008. Seither leitet ein Trio das Museum in der ältesten Fabrik auf dem europäischen Kontinent. Die Kulturwissenschaftler Christiane Syré (54) und Martin Schmid (41) ergänzen zu je einer halben Stelle das Team als wissenschaftliche Referenten.

Frau Syré, Sie sind gebürtige Münsteranerin und haben in Freiburg und Bonn Kunstgeschichte, Pädagogik und vergleichende Religionswissenschaft studiert. Was hat Sie jetzt nach Ratingen verschlagen?

Syré Genau genommen gehöre ich schon seit Anfang der 90er Jahre zum Cromford-Team. Damals wurde die erste Dauerausstellung aufgebaut, also die ehemalige Textilfabrik zum Museum umfunktioniert. Sechs Leute waren wir damals. Die meisten hatten einen Zeitvertrag, ich auch. Der Kontakt zum Museum ist seither nicht mehr abgebrochen.

Und wie war das bei Ihnen, Herr Schmid? Haben Sie auch eine Cromford-Vorgeschichte?

Schmid Nach meinem Kunstgeschichtsstudium habe ich an der Universität Trier unterrichtet und dort bis 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Forschungsprojekt zum Thema "Textilgeschichte in der Aachener Region" teilgenommen. Dieses Projekt hat mich unter anderem auch ins Museum Cromford geführt. Was soll ich sagen? Dieses wunderschöne Haus hat mich nicht mehr losgelassen. Hinzu kam: Die Textilindustrie des 18. Jahrhunderts war genau mein Forschungsgebiet. Christiane Syré habe ich damals ebenfalls hier im Haus kennen gelernt. Wir waren also beide schon mittendrin im Cromford-Betrieb, als wir noch gar nicht fest angestellt waren.

2003 haben Sie sich gemeinsam selbstständig gemacht und in Düsseldorf eine Bürogemeinschaft gegründet. Welche Projekte haben Sie in dieser Zeit in Angriff genommen?

Syré Ich hatte vorher als freiberufliche Kuratorin für viele Häuser im Rheinland gearbeitet, Martin Schmid absolvierte sein Volontariat im LVR-Industriemuseum in Euskirchen. Gemeinsam haben wir dann für Industriemuseen in Rheinland-Pfalz, in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein Ausstellungen entwickelt und Veranstaltungen organisiert — in Ratingen zum Beispiel die Cromford-Fashion-Night und diverse Parkfeste. Auch an den Cromford-Ausstellungen "Kleider machen Leute/Leute machen Kleider", "Reiz und Scham" oder "Kleiderlust und Körperfrust" waren wir beteiligt.

Jetzt führen Sie also zu dritt, gemeinsam mit Claudia Gottfried, das Museum. Wie sind die Aufgaben aufgeteilt?

Schmid Als Team arbeiten wir gemeinsam an der Neukonzeption der Dauerausstellung im Herrenhaus. Ziel ist es, das spezielle Profil des Hauses weiter zu schärfen und das Museum zu einem noch wichtigeren kulturellen Ort in Ratingen zu machen. Christiane Syré wird sich in Zukunft zusätzlich um die Museumspädagogik kümmern — nicht nur für Kinder, sondern auch im Bereich der Erwachsenenbildung. Meine Hauptaufgabe bis Anfang 2010 ist dagegen die Bausanierung des Herrenhauses.

Sie sagen beide, der Job im Museum Cromford sei eine "Traumstelle". Warum?

Schmid Zum einen, weil die Arbeitsatmosphäre einmalig ist. Wir kennen uns seit Jahren und man hat das Gefühl, alle ziehen an einem Strang. Zum anderen ist es auch schön, über einen längeren Zeitraum hinweg an einem Projekt wie dem Herrenhaus-Umbau arbeiten und die Entwicklung gestalten zu können. Als freier Kurator kommt man sonst in ein Haus, konzipiert eine Ausstellung und verschwindet wieder. Darauf, was danach geschieht, wie die Ausstellung beworben oder vom Publikum angenommen wird, hat man keinen Einfluss mehr.

Syré Cromford, als einer von sechs LVR-Museumsstandorten, hat natürlich auch einen großen Namen. Dahinter steckt eine riesige Infrastruktur, die das Arbeiten oft einfacher macht. Und dann ist da der Kontakt zu den Besuchern, der über die Jahre hinweg entstanden ist. Wir haben viele "Stammkunden", die immer wieder kommen — mit einer gewissen Erwartungshaltung —, das finde ich gut.

Wie tickt denn der klassische Cromford-Gast?

Syré Ich würde sagen, er ist emotional und erwartet, dass er hier bei uns auf eine gute Stimmung trifft. Es geht ihm nicht allein darum, etwas Neues zu erfahren. Es geht auch um eine gewisse Ästhetik und das Gefühl von Geschichte. Die laufenden Maschinen, die Geräuschkulisse und die Möglichkeit, Gegenstände anzufassen, prägen den emotionalen Zugang. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Daran arbeiten wir — gemeinsam.

Julia Hagenacker führte das Gespräch.

(RP)
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